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Cotta. Schriitgiessereien. Schweiz. Haas.
und Dispensation vom Aufdingen und Lossprechen. Aus seiner
Druckerei gingen bis zu seinem 1828 erfolgten Tode prachtvolle
Werke hervor. Sein Verlag ging an die CoTTAsche Buchhandlung
über, die hiedurch den Verlag aller deutschen Classiker in ihrer Hand
vereinigte.
Johann Friedrich Cotta, nachmals Freiherr v. Cottendorf,
übernahm im Jahre 1787 die herab gekommene Buchhandlung seines
Vaters in Tübingen und wusste sie mit einem mühsam aufgetriebenen
Capital von 800 Gulden durch glückliche Speculationen und eine
unermüdete Thätigkeit bald zum ersten bibliographischen Institute
seines Vaterlandes zu erheben. Sein Hauptwerk ist die „Allgemeine
Zeitung“, welche er 1794 gründete, 1798 nach Stuttgart, 1803 nach
Ulm und 1816 nach Augsburg verlegte. In München gründete er eine
literarisch-artistische Anstalt.
Nach Fournier177 bestanden in Wien 2 Schriftgiessereien, 2 zu
Frankfurt, worunter die LuTHERSche die bedeutendste war (die andere
gehörte dem Johann Heinrich Stubenvoll, der 1714 Proben veröffent¬
lichte), 3 zu Leipzig, 2 zu Halle, 2 zu Nürnberg, je eine zu Wittenberg,
Dohna, Erfurt, Braunschweig, Lüneburg, Köln, Augsburg, Prag und
Stuttgart.
In der Schweiz wurde die Buchdruckerkunst zwischen 1730
und 1740 im Canton Unterwalden im Dorfe Saxseln und im Flecken
Sarnen eingeführt, in welchen beiden Orten einige religiöse Schriften
gedruckt wurden, 1746 im Canton Tessin, 1792 in Thurgau, 1798 in
Glarus.
Wilhelm Haas, 1741 zu Basel geboren, wo sein Vater, ein
geschickter Schriftgiesser aus Nürnberg, das Bürgerrecht erworben
hatte, zeigte schon von früher Jugend grosses Talent für seinen Beruf
und für Mathematik. Nachdem er das Geschäft seines Vaters über¬
nommen hatte, brachte er es durch seine Geschicklichkeit zu grossem
Ruf, er erfand den systematischen Durchschuss und die Stücklinien,
baute nach dem Muster der Pressen in den Münzstätten eine Buch¬
druckerpresse von einfacher, aber solider Construction, deren Benützung
ihm jedoch auf Betrieb der Buchdrucker-Innung behördlich untersagt
wurde, da er kein gelernter Buchdrucker war, und stellte 1776 in
Haas. Italien. Bodoni.
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Verbindung mit dem Hofdiacon Preuschen in Karlsruhe Landkarten
mit beweglichen Typen her, welche viel bewundert wurden. Sein Sohn
Wilhelm Haas, 1766 geboren, zeigte schon in seiner Jugend grosse
Fähigkeiten für die Buchdruckerei, als Knabe von 8 Jahren setzte und
druckte er ein Frage- und Antwortspiel schwarz und roth, in seinem
16. Jahre setzte er, mit Benützung der systematischen Stücklinien, die
grosse Karte der Weltgeschichte von Fulda in 12 Bogen, welche
zusammen nur eine Tafel von 5 Fuss Höhe und 6 Fuss Breite bildeten.
1786 übernahm er die Leitung der von J. J. Thurneissen und seinem
Vater errichteten Buchdruckerei, verbesserte die Presse seines Vaters,
den Landkartendruck, erbaute eine Glättpresse und gab ein Gebet des
Herrn in 100 Sprachen heraus. Haas soll auf die Patentirung seiner
Erfindungen und Verbesserungen verzichtet und mit seltener Uneigen¬
nützigkeit dieselben durch Brochuren bekannt gemacht haben, damit
alle Welt die Vortheile benütze; indess ist seine Brochure über die neue
Presse nirgends und selbst nicht in der Bibliothek zu Basel zu finden.
Italien besass den berühmten Buchdrucker und Schriftschneider
Giambattista Bodoni. Sohn eines armen Buchdruckers aus Saluzzo in
Piemont, 1740 geboren, fand er nach vollendeter Lehrzeit einen Platz
als Setzer in der Druckerei der Propaganda zu Rom, wo er Gelegenheit
fand und benützte, fremde, besonders orientalische Sprachen, zu lernen.
Durch sein tadelfreies Betragen erwarb er sich die Gunst seiner Vor¬
gesetzten in so hohem Grade, dass man ihn von allen Mitarbeitern
auserwählte, die in Unordnung gerathenen Stempel der orientalischen
Alphabete in Ordnung zu bringen. Diese Arbeit führte ihn auf den
Gedanken, sich selbst im Schneiden und Giessen von Lettern zu
versuchen; um sich weiter auszubilden, beschloss er, nach England
zu gehen. Eine schwere Krankheit vereitelte diesen Plan. In Parma
hatte um diese Zeit der Herzog Ferdinand nebst anderen wissen¬
schaftlichen Anstalten eine Druckerei nach dem Muster der königlichen
von Paris und Turin errichtet und Bodoni wurde die Leitung derselben
angeboten. Hier fand sein angeborenes Directorialtalent einen grossen
Wirkungskreis, in kurzer Zeit hob er das neugegründete Institut zum
ersten dieser Art in Europa empor und erwarb sich den Ruhm, alles,
was seine Kunst früher an prachtvollen und dem Schönheitssinn