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Decker. Unger.
Trassler starb 1816, das Geschäft wird noch jetzt von seinen Nach¬
kommen fortgeführt.
Georg Jakob Decker kam im Jahre 1751 als 19jähriger Jüngling
aus der Schweiz nach Berlin und zeichnete sich in seinen Conditionen
durch tüchtige Sprach- und Fachkenntnisse, sowie durch ehrenwerthen
Charakter so aus, dass ihn die Witwe des Buchdruckereibesitzers
Grynäus zum Schwiegersohn annahm, deren Druckerei später in
seinen Besitz überging. 1763 ernannte ihn der König Friedrich II.
zum Hofbuchdrucker, 1767 wurde ihm die Erblichkeit dieses Titels
unter der Bedingung verheissen, dass er eine vollständige französische
Buchdruckerei und Schriftgiesserei auf seine Kosten anlege. Nun
erwarb Decker Schriften von Fournier und Baskerville, engagirte
einen Factor aus Paris, versah auf diese Weise seine Druckerei mit
den geschmackvollsten französischen Schriften und erhielt 1769 das
Patent der Vererbung des Hofbuchdruckertitels auf seine Familie,
sowie die Erlaubniss, alle im Auslande erschienenen, durch kein
Specialprivilegium geschützten Bücher nachzudrucken. 1788 erwarb
Decker von Bodoni Matrizen zu Antiquaschriften, 1790 von Didot
verschiedene Schriften und von H. Haas in Basel Matrizen für
griechisòlie Schriften. Berlin konnte nun Schriften exportiren, seine
Schriften waren berühmt.
J. F. Unger, geboren 1750 zu Berlin, Sohn eines Buchdruckers, der
sich zugleich durch Fertigkeit in der Holzschneidekunst auszeichnete,
arbeitete anfangs bei Decker, errichtete 1780 eine eigene Druckerei,
welcher er im Jahre 1791 eine Schriftgiesserei hinzufügte, in welcher
besonders DmoTsche Lettern gegossen wurden. Von der nach ihm
benannten ÜNGERSchen Schrift wird an anderer Stelle gesprochen
werden, hier sei noch erwähnt, dass er sich auch in der Holzschneide¬
kunst hervorthat, 1800 den Titel eines Professors dieser Kunst erhielt
und eine bedeutende Buchhandlung leitete ; unter anderem führte er
die яVossische Zeitung“ fort. Er starb 1804, seine Druckerei ist auf
Trowitzsch & Sohn übergegangen.
Eine dritte preussische Anstalt, welche hervorgehoben zu werden
verdient, ist die mit der Buchdruckerei des Waisenhauses zu Halle
verbundene CANSTEiNsehe Bibelanstalt. Sie wurde von dem Freiherrn
Canstein. Göschen.
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Karl Hildebrand von Canstein (geb. 1667), dem Freunde des Stifters
des Waisenhauses, August Hermann Franke, gegründet, ,um Gottes
Wort den Armen zur Erbauung und für einen geringen Preis in die
Hände zu bringen“. Da damals noch keine Stereotypie bestand, so
wurden soviel Typen angeschafft, dass der ganze Satz stehen bleiben
konnte. Als erstes Werk erschien 1712 das Neue Testament in
5000 Exemplaren, im folgenden Jahre vier neue Auflagen und die ganze
Bibel. Ein in meinem Besitze befindliches Exemplar der 90. Auflage
der Bibel von 1749 enthält ein Vorwort, nach welchem der zweite
Satz (nachdem der erste abgenutzt war) in der 37. Auflage (1732),
der dritte Satz in der 67. Auflage (1741) verwendet wurde. Diese Bibel
(1388 Seiten Nonpareilleschrift) kostete loco Halle 6 gute Groschen
(75 Pfennige jetzigen Geldes). Der Druck ist noch scharf und gut
leserlich. Ausserdem verkaufte die Anstalt auch Bibeln mit Corpus-,
Cicero- und Mittelschrift, ferner böhmische und polnische Bibeln.
Georg Joachim Göschen, 1752 zu Bremen geboren, erlernte
daselbst die Buchhandlung, kam später als Gehilfe nach Leipzig und
ging 1782 nach Dessau, wo ein Jahr vorher eine „Buchhandlung der
Gelehrten“ errichtet worden war, welche zum Zwecke hatte, Gelehrten
die Möglichkeit zu gewähren, ihre Werke auf eigene Kosten zu drucken.
Im Jahre 1785 erschien er wieder als Verleger in Leipzig, nahm Werke
von Wieland, Bode, Musäus in Verlag und trat mit Goethe und Schiller
in Verbindung. 1787—1791 drückte er die erste Gesammtausgabe von
Goethes Werken. Um eine Prachtausgabe von Wielands Werken in
Antiqua zu drucken, wollte er eine eigene Buchdruckerei errichten, da
die vorhandenen Druckereien seine Forderungen nicht erfüllen konnten;
er machte in seinem Concessionsgesuche an den Kurfürsten, welches
1793 bewilligt wurde, geltend, dass er nur „mit lateinischen Lettern
nach Didot“ drucken wolle, dass diese nicht in Leipzig vorhanden und
seine Typen noch schöner seien, als die von Unger in Berlin, so dass
Leipzigs Buchdruckerruhm dadurch steigen würde, ausserdem wolle
er nur für sich drucken und sogar nur solche Artikel seines Verlags,
die andere nicht ausführen könnten. Nichtsdestoweniger wurde von
Seite der Buchdrucker-Innung gegen ihn gearbeitet, er verlegte seine
Druckerei nach Grimma und erhielt 1797 unbeschränkte Concession