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Breitkopf. Trattner.
welche sich mit den besten Deutschlands messen konnten, liess er sich
Matrizen BASKERViLLEScher Schriften kommen; seine Schriftgiesserei
besass an 400 Alphabete, worunter auch russische und orientalische
Schriften, auf guten Druck legte er grossen Werth und schliesslich liess
er eine neue Fractur- und Antiquaschrift herstellen. Dabei war er noch
literarisch thätig, er sammelte eine Bibliothek von 19.511 Nummern,
worunter sich die seltensten auf die Buchdruckerei- und Schreibkunst
bezüglichen \\ erke befanden, welche leider nach seinem dode zei-
splittert worden ist; er schrieb 1784 den „Versuch, den Ursprung der
Spielkarten, die Einführung des Leinenpapiers und den Anfang der
Holzschneidekunst in Europa zu erforschen“, 1793 „Ueber Biblio¬
graphie und Bibliophilie“ und nach seinem 1794 erfolgten Tode
erschien seine „Geschichte der Schreibkunst“. Zu einer kritischen
Geschichte der Buchdruckerkunst veröffentlichte er 1779 einen Plan,
das Werk selbst blieb aber unvollendet und leider fand sich niemand,
der es vervollständigt und herausgegeben hätte. Breitkopf überragte
alle früheren Buchdrucker und seine Zeitgenossen durch Genialität,
Vielseitigkeit seines Geistes, durch Unermüdlichkeit seines Schaffens
und durch Charaktergüte. Von seinen beiden Söhnen ging der eine
nach Petersburg und betrieb dort eine Buchhandlung und eine Buch¬
druckerei, der andere setzte das väterliche Geschäft fort, war aber der
Last desselben nicht gewachsen und übergab es 1795 seinem Freunde
Gottfried Christoph Härtel, dessen Nachkommen es noch gegen¬
wärtig fortführen.
Johann Thomas Edler v. Trattner (oder Trattnern) wurde 1717 in
einem Dorfe bei Güns von armen Eltern geboren, lernte in Wiener-
Neustadt und kam dann nach Wien zum Hofbuchdrucker Ghelen. Hier
erwarb er sich Freunde, welche ihm, da sie sein typographisches
Talent erkannten, Geld vorschossen, um 1748 eine verfallene Druckerei
zu kaufen. Binnen kurzem schuf Trattner eine blühende Anstalt,
welche 34 Pressen, 5 Filialdruckereien in Agram, Pest, Innsbruck,
Linz und Triest, nebst 8 Buchhandlungen und 18 Bücherniederlagen in
den vornehmsten Städten Oesterreichs, sowie in Warschau und Frank¬
furt am Main beschäftigte. Seine Schriftproben, von denen im folgenden
Abschnitt mehrere Copien folgen werden, zeigen Mannigfaltigkeit und
Trattner. Trassler.
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Geschmack, seine Kupferdruckpresse lieferte schöne Kunstwerke, in
Ebergassing erbaute er 1767 eine eigene Papiermühle und 1773 zierte
er Wien mit dem schönsten Gebäude, dem Trattnerhof, an Stelle des
früheren Freisingerhofes. Die österreichischen Regenten lohnten seine
Verdienste. Franz I. erhob ihn 1764 in den Ritterstand, Maria Theresia
ernannte ihn zum Hofbuchdrucker und Kaiser Leopold gab ihm das
ungarische Indigenat. Zwar verdankt Trattner einen grossen Theil
seines Reichthums dem Nachdrucke fremder Autoren, in Oesterreich
waren diese aber nachzudrucken erlaubt (wie in Holland) und dass
gerade er sich unter seinen österreichischen Collegen so emporschwang,
kann doch nur seiner persönlichen Tüchtigkeit zugeschrieben werden.
Trattner starb 1798, nachdem er noch sein 50jähriges Jubiläum
gefeiert hatte. Das Druckereigebäude, welches er in der Vorstadt Josef¬
stadt einrichtete, galt als eine Sehenswürdigkeit und wurde vom Kaiser
Franz I. mit seinem Besuche beehrt. Es vereinigte Setzerei, Druckerei,
Schriftgiesserei, Schriftschneiderei, Xylographie , Kupferstecherei,
Kupferdruckerei, Buchbinderei, Buchhandlung und Magazine (gegen¬
wärtig ist es das Transport-Sammelhaus).
Josef Georg Trassler, der oben (Seite 433) erwähnte Factor
Trattners, erwarb im Jahre 1779 eine bereits bestehende Druckerei
in Troppau, welche einen solchen Aufschwung nahm, dass er 1785
bereits 25 Pressen beschäftigte; 1786 errichtete er eine zweite
Druckerei in Brünn, welche gleich anfangs 20, später 60 Pressen
beschäftigte, wozu dann eine Schriftgiesserei mit zwei Oefen, eine
Kupferstecherei und Kupferdruckerei, eine Buch- und Kunsthandlung
und eine Spielkartenfabrik kamen. Diese Ausdehnung seiner Buch¬
druckerei verdankte Trassler seiner Verbindung mit. den Freimaurern
und der von diesen unterstützten gelehrten Gesellschaft, welche
classische Werke (wie Trattner) massenhaft nachdruckte und zu
Spottpreisen verkaufen liess, um Bildung und Aufklärung zu verbreiten.
Die österreichischen Ausgaben von Schiller, Goethe, Klopstock,
Wieland tragen meistens die Worte: „Gedruckt bei Josef Georg
Trassler und im Verlage der Compagnie.“ Ausserdem hatte Trassler
einen bedeutenden eigenen Verlag. 1795 errichtete er auch in Krakau
eine Druckerei, welche jedoch 1809 von den Polen zerstört wurde.
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