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Presspolizei in England.
jedem Buche zu befinden habe und dass der Nachdruck durch Con¬
fiscation zu bestrafen sei. Im Jahre 1736 wurde der Verkauf von
Büchern, welche in England erschienen und im Auslande nachgedruckt
waren, mit 5 Pfund Sterling und dem doppelten Werthe der Bücher
zu bestrafen befohlen; ausgenommen waren solche Bücher, welche seit
mehr als 20 Jahren in erster oder einer folgenden Auflage erschienen
waren. Dieses Gesetz wurde 1744, 1751 und 1/57 erneueit.
Unter Georg III. wurden nur frühere Gesetze erneuert; nament¬
lich wurde im Jahre 1798 befohlen, dass alle Drucker, Schriftgiessei,
Schrift- und Pressenverfertiger oder Verkäufer registrirt sein sollten,
dass Name und Wohnort des Druckers auf jedem Buche anzugeben
seien, dass jeder Drucker eine Copie von jeder bei ihm gedruckten
Schrift aufbewahren und auf derselben den Namen und Wohnort des
Bestellers bezeichnen solle, dass niemand irgend ein gedrucktes
Papier ausgeben oder ausstellen dürfe, welches nicht den Namen des
Druckers trage und jeder Friedensrichter wurde ermächtigt, durch einen
Gerichtsdiener verdächtige Pressen auszuforschen und mit Beschlag
zu belegen.1,;>
Unter Georg III. wurde 1763 John Wilkes auf Befehl des
Ministers verhaftet, weil er in; der Zeitschrift North - Briton die
königliche Thronrede aufs heftigste angegriffen hatte. Das Gericht für
gemeine Processe ( Court of common pleas) setzte den Angeklagten jedoch
in Freiheit, weil die Form des gegen ihn ausgefertigten Haftbefehls
ungesetzlich war und weil ein Mitglied des Parlaments nicht verurtheilt
werden könne. Der Minister bediente sich hierauf des Parlaments,
um J. Wilkes zu verfolgen. Dieses decretirte, dass das betreffende
Zeitungsblatt eine Schmähschrift sei und Aufruhr predige, es stiess den
Verfasser aus seiner Mitte und befahl die Verbrennung jenes Zeitungs¬
blattes durch Henkers Hand. Das Oberhaus war damit nicht einver¬
standen und protestirte dagegen; das Volk ging noch weiter, es riss
dem Henker das Blatt aus der Hand und vertrieb die Polizei. Die
Gerichte nahmen sogar Klagen gegen die Organe des Ministers an,
verurtheilten diejenigen, welche die Befehle des Ministers gegen Wilkes
ausgeführt hatten, zur Schadloshaltung, und setzten die Geldbussen
höher als gewöhnlich an. Lange dauerte der Streit des Parlaments
Presspolizei in England und Amerika.
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gegen Wilkes, der immer wieder gewählt und vom Parlament nicht
zugelassen wurde; zuletzt wurde er Lordmayor von London, gab aber
dann seine Opposition gegen die Regierung auf.
Im Jahre 1771 griff das Parlament in die Gerichtsbarkeit des
Londoner Stadtrathes ein, indem es einige Buchdrucker verhaften
liess, die sich beim Abdruck von Parlamentsreden Verfälschungen
erlaubt haben sollten. Der Lordmayor gab jedoch nicht nur die Ver¬
hafteten wieder frei, er liess auch die Boten des Parlaments ins
Gefängniss werfen. Das Parlament liess hierauf zwei Mitglieder des
Stadtrathes, den Lordmayor und einen Alderman einsperren und
bis zum Ende der Session in Haft behalten.176
In einen eigenthümlichen Conflict kam die Pressfreiheit mit der
Redefreiheit in, England. Die Parlamentsverhandlungen theilte zuerst
Almon, der Herausgeber der London Evening Post mit, und da das
Parlament während zweier Sitzungsperioden nichts dagegen einwendete,
so wurde dies von anderen Zeitungen nachgeahmt; doch später wollte
das Parlament nicht dulden, dass die Reden seiner Mitglieder in den
Zeitungen veröffentlicht würden und bestrafte die Buchdrucker und
Herausgeber der Zeitungen, welche dies unternahmen. Eine Zeit lang
nahmen letztere ihre Zuflucht zu fingirten Namen und Hessen einen
Cicero, Cato und andere römische Redner das sagen, was von den
englischen Abgeordneten gesprochen worden war; erst im Jahre 1772
gab das Parlament seinen Widerstand gegen die Veröffentlichung-
Seiner Verhandlungen auf und seither wird die Veröffentlichung der
politischen Verhandlungen als eine nothwendige Ergänzung der
Freiheit der Rede betrachtet.
So lange England über die Colonien in Amerika herrschte,
wurde die Massregelung der Presse fortgesetzt. Eine Flugschrift über
die Erbauung von Markthäusern trägt auf dem Titel den Zusatz:
„Imprimatur Samuel Shute, Boston, February 19. 1719“. James
Franklin erhielt, nachdem er schon 1721 wegen eines Artikels seiner
Zeitschrift mit vier Wochen Gefängniss bestraft worden war, 1723
durch einen Beschluss des Gerichts, den das Haus der Repräsentanten
bestätigte, den Befehl, seine Zeitschrift, The New-England Courant
nicht eher herauszugeben, bis der Inhalt von dem Secretär der Provinz