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Die Buchdruckerkunst während der Revolution.
Beschränkungen, Concessionen und Censur herrschten, klagt Abraham
a Santa Clara in dem zu Würzburg 1711 erschienenen Buche „Etwas
für Alle“ : „Dieses aber ist zu beklagen, dass manche Buchhändler
aus allzugrosser Begierde übermässigen Gewinnstes so gar schlimmes
Papier zu den verlegten Büchern nehmen, welche dem grauen Lösch-
Papier, darvon man in den Würtz-Läden die Dinten (soll wohl heisseni
Düten) macht, nit unähnlich kommt, also, dass man kaum den Druck
von solchen schmutzigen Blättern lesen kann.“ Wenn übrigens Dupont
bemerkt, dass die 36 alten Buchdrucker zum grössten Theile ruinirt
wurden und ihre Werkstätten verliessen, so haben sie nur ihre eigene
Unfähigkeit bewiesen. Didot druckte fort und stand, als die Unruhen
vorüber waren, mit herrlichen Werken gerüstet da; aber selbst die¬
jenigen, welche die Ausdauer und den Idealismus Didots nicht besassen,
waren nicht genöthigt, ihre Druckereien zuzusperren ; wenn sie auchT
wie Lameth in der Sitzung am 12. Juni 1790 erzählte, mit dem Druck
von guten Büchern nichts verdienen konnten, so konnten sie an dem
Drucke von Flugschriften theilnehmen, von denen ein einziger Buch¬
drucker wöchentlich 20.000 Exemplare druckte. Arbeit fehlte nicht,
nur durften die Druckereibesitzer sich nicht dem früheren Schlendrian
hingeben und mussten thätige Geschäftsmänner werden. Die Revolution
erzeugte sogar eine neue Druckindustrie, welche lange Zeit eine grosse
Anzahl Arbeiter Tag und Nacht beschäftigte, es war der Druck der
Assignaten, welche in so fabelhafter Masse angefertigt wurden, dass
am 1. März 1796 ein Louisd’or 71.200 Livres Papiergeld galt und
sie am 15. Juli desselben Jahres keinen Cours mehr hatten.
Auch in der Revolutionszeit wurden Buchdrucker Opfer ihres
Berufs. Hiezu gehörte im vollsten Sinne des Wortes Anisson-Duperon,
der Director der königlichen Druckerei, welcher am 25. April 1794 unter
dem Vorwande hingerichtet wurde, er habe einen inconstitutionellen
Beschluss des Departements der Somme gedruckt, obgleich er dazu
den Auftrag des Generalsecretärs des Ministeriums des Innern erhalten
hatte. Als eigentlicher Grund seiner Verfolgung wird angegeben, dass
er sich am 23. August 1792 bei der Assemblée nationale über Marat
beklagt hatte, der im Namen der Commune von Paris vier Pressen der
königlichen Druckerei sammt den dazu gehörigen Utensilien entführt
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hatte, um damit seine revolutionären Schriften zu drucken. Es war ein
eigenthümliches Schicksal, dass die Typen Ludwigs XIV. zum Drucke
der demagogischsten Brochuren verwendet wurden. Auch Mercier,
der Director der Assignatendruckerei, L. Nicolas, der Buchdrucker
der Commune u. a. wurden hingerichtet.
Zwei andere Buchdrucker spielten in der Revolutionszeit eine
bedeutende Rolle. In der Nacht vom 10. August 1791 wurden Brune
und Momoro verhaftet, weil sie an der Affaire der Constitution
(17. Juli 1791) theilgenommen hatten. Brune, welcher durch Danton
in Freiheit gesetzt wurde, begab sich zur Armee und wurde ein grosser
Feldherr; Momoro floh, kehrte dann zur Buchdruckerei zurück, nahm
mit Leidenschaft an der revolutionären Bewegung Theil, wurde
Administrator von Paris, Commissär in der Vendée, Vicepräsident
des Jakobiner-Clubs, Präsident des Schuster-Clubs, am 24. Vendôme
im Jahre II (1793) verhaftet und mit Hebert hingerichtet. Einige Zeit
vorher war seine Frau, die Tochter des berühmten Schriftgiessers und
Stempelschneiders Fournier des Jüngeren, als Göttin der Vernunft im
Triumphe durch die Strassen von Paris geleitet worden. Momoro ist
auch der Verfasser eines Elementarlehrbuchs der Buchdruckerkunst,
eines geschätzten Werkes.
Wie es der Pariser Nationalversammlung zur Ehre gereicht, in
den Wirren des Bürgerkrieges manches dauernde Gute für die Wissen¬
schaft geschaffen zu haben (z. B. die Gradmessung nebst dem damit
verbundenen Metermasse), so fand sie auch Zeit, die Buchdrucker¬
kunst speciell zu begünstigen. Im Jahre 1790 verordnete sie die
Bezahlung von 20.000 Livres an das Haus Didot, damit dasselbe die
Werke Fénelons vollende, welche es im Jahre 1783 im Aufträge der
französischen Geistlichkeit begonnen hatte. 1793 schrieb der Convent
einen Preis für die Herstellung von Elementarbüchern für den öffent¬
lichen Unterricht aus, zugleich bestimmte er Nationalbelohnungen für
diejenigen, welche die besten Elementarbücher über die Wissenschaft,
die schöne Literatur und die Künste veröffentlichten. Im selben Jahre
wurde im Aufträge der Regierung eine Uebersetzung der Werke Bacons
gedruckt und Massregeln ergriffen, um eine Revision des Wörter¬
buches der Akademie vorzunehmen und dasselbe neu zu drucken.