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Das Buchdi'uckenvappen.
Leichentuch, welches 100 Thaler kostete (die Stickerei allein50 fhaler)r
wurde im Jahre 1657 vollendet. Zu gleicher Zeit wurde ein gleiches
Siegel angeschafft, damit die ; einmal erlaubte und erhaltene Wappen¬
führung“ hei den Jenaer Buchdruckern fortgesetzt würde. Nr. 141 zeigt
dieses Siegel, welches mit dcmWappen des Leichentuchs identisch war.
Es ist somit eine von Johann David Werther, im Jahre l/21r
nachdem er 41 Jahre in Jena Hofbuchdrucker, also fast Zeitgenosse
der oben erzählten Begebenheit war, verbürgte Thatsache, dass dm
Jenaer Buchdrucker vor dem Jahre 1648 das Recht der Wappenführung
nicht hatten, ein Buchdruckerwappen nicht kannten, sondern erst ein
solches von einem Maler entwerfen und von den Kunstverwandten
Nr. 142. Siegel der Nürnberger Buchdrucker. Nr. 143. Erneuertes Siegel der Jenaer Buch-
(Nach Werther.) drucker vom Jahre 1720. fNach Werther.)
begutachten liessen. Wenn gesagt wurde, ein „besonderes“ Wappenr
so ist kaum anzunehmen, dass darunter ein Wappen zu verstehen sei,
welches von dem anderer Buchdruckergesellschaften abwich, sondern
ein solches, welches den Buchdruckern eigenthümlich sein sollte; denn
war ein Buchdruckerwappen schon vorhanden, so hätten sich die
Jenaer mit einer ihre Stadt bezeichnenden Umschrift begnügen können
und factisch ist das Jenaer Buchdruckerwappen der Greif, der nach der
Leipziger Sage von 1640 den Buchdruckern vom Kaiser Friedrich 111.
verliehen worden sein soll. Zu beachten ist auch, dass Werther noch
1721 Mentel für den Erfinder der Buchdruckerkunst hielt,167 und dass
dieses jedenfalls allgemeine Ansicht in Jena war. Wussten die Jenaeiy
dass Kaiser Friedrich III. dem Mentel ein Wappen verliehen habe, so
mussten sie annehmen, dass dasselbe ihm als dem Erfindei dei Buch—
Das Buclidruckenvappen.
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druckerkunst verliehen worden sei, aber sie scheinen dieses Wappen
nicht gekannt zu haben, wie auch die Leipziger 164-0 glaubten, dieses
Wappen sei ein Greif gewesen.
Nachdem nun einmal die Wappen- und Siegelfrage angeregt war,
folgten andere Städte nach. Nr. 142 zeigt das Siegel der Nürnberger
Buchdruckergesellschaft aus dem XVIII. Jahrhundert. In demselben ist
vom Greifen keine Spur, sondern oben nur die Druckerballen von
Flügeln umgeben und im Schilde der Adler (offenbar das Nürnberger
Stadtwappen), dem man ein paar Druckerballen in die Klauen gab.
Im Jahre 1720 liessen die Jenaer ihr Siegel renoviren und setzten,
entsprechend einer inzwischen (s. S. 412) aufgekommenen Meinung, in
den Schild einen Adler mit dem Winkelhaken, während der Greif auf dem
Helm blieb. Dieser Adler ist zweiköpfig, weil man an den kaiserlichen
zweiköpfigen Adler dachte.
Die erste Abbildung des Buchdruckerwappens als solches, dürfte
in Spörls Introducilo in notit. sign, typograpli. Nürnberg 1730 vorliegen.
Dieselbe gleicht dem Jenaer Siegel von 1720 und zeigt im Felde eines
deutschen Schildes einen Doppeladler mit zum Fluge gerichteten Flügeln,
der Winkelhaken und Druckerballçn hält. Ueber dem Schilde sieht
man einen offenen Helm, welcher die Krone trägt. Auf der Krone des
Helmes steht ein wachsender geflügelter Greif nach rechts gekehrt,
welcher in seinen Klauen zwei aufeinander gesetzte Buchdruckerballen
trägt. Lesser bemerkt dazu, dass offene Helme nur die adeligen
Familien oder wenigstens solche Personen führen durften, welche aus
besondererGnade des Kaisers oder hoher Landesherren Adelsprivilegien
genossen, dessgleichen die Doctoren, denn obwohl sie nicht von Adel
seien, so seien sie doch edel und hätten durch kaiserliche Gnade die
Rechte der Adeligen.
Hievon mag die Meinung kommen, der vielgenannte Kaiser
Friedrich III. habe die Buchdrucker „adelgleich“ gemacht, da aber
kein authentisches Wappen vorliegt, so bleibt dieser Ruhm ein sehr
problematischer. Mentels Wappen trägt keinen offenen Helm, wohl
aber gab es manche adelige Buchdrucker, und diese mochten für ihre
Person den offenen Helm geführt haben, doch liegt kein Grund vor,
diese Auszeichnung unter die Rechte aller Buchdrucker zu setzen.
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