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Das Buchdruckerwappen.
Auch hier lehnt sich ein Wiener Buchdrucker an eine rheinische Sage
an und es scheint, dass, während SingUenius Mentel für den Erfinder
hielt, Hofhalter damit nach Bergellanus’ Vorgänge Gutenberg die
Ehre geben wollte. Einen Adler verlieh nach Paul Dupont der Kaiser
Maximilian II. dem Paul Manutius 1571, aber nur für seine Person,
während dessen Erben die Bitte, dieses Wappen fortzuführen, abge¬
schlagen wurde ; es muss dahingestellt bleiben, ob aus diesem Adler des
Manutius die Sage entstand, den Druckern sei der Greif, den Setzern
der Adler verliehen worden.
In einem Aufsatze in den „Mittheilungen für Buchdrucker und
Schriftgiesser“ (6. Heft) erzählt ein Herr A. S(c:hmid)t nach einer
unbekannten Quelle, dass der Kaiser Ferdinand I. den Buchdruckern
nach seinem Regierungsantritte den Greifen mit den Druckerballen in
ihr Wappen verliehen habe, wodurch es seine
Vollendung erhielt. Da ich von einer solchen Ver¬
leihung Ferdinands I. in keinem anderen Werke
etwas gefunden habe, so kann ich dieser Notiz
keine Bedeutung beilegen; mir kommt vor, als ob
der Greif aus einer Verschmelzung des Löwen
mit dem Adler entstanden sei. In der Geschichte
der Buchdruckerkunst kommt der Greif zuerst in
Nr. 140. Der Greif als Buch- HаГІСГП ѴОГ, WO JAKOB BeLLAERT (1483 —1486)
druckerwappen 1640.
(Nach gessker.) im Hause zum Greif (bellarcl) druckte, in welchem
Hause nach Coornhert (s. oben S. 72) die Buchdruckerkunst erfunden
worden sein soll.
Als Buchdruckerwappen wird der Greif zuerst in Leipzig 1640
beim Jubiläum genannt, so in Rinckhardts „Zäuner-Tanz“ (s. S. 425)
und in dem Festgedichte von Thimothes Ritzsch jun., wo es heisst:
Dies neue Werk hat nun dem Kaiser so beliebet,
Dass er diejenigen, so solche Kunst geübet,
Mit Privilegien hat herrlich überfüllt,
Und ihnen auch verehrt den Greifen in dem Schild.
Dem erwähnten Festgedichte war eine Kupfertafel beigegeben, welche
Gessner nachgebildet hat, und auf welcher sich Kaiser Friedrich III.
Das Buchdruckerwappen.
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im Krönungsornat befindet, während auf dem Boden ein Greif, in der
einen Klaue den Siegelring des Bergellanus, in der anderen ein Buch
(auf welches Gessner den Titel seines Werkes einschrieb) herumhüpft
(Nr. 140). Vergleicht man diesen Greifen mit Mentels Löwen, so wird
man eine merkwürdige Aehnlichkeit finden und begreifen, wie ich zu
•der oben ausgesprochenen Vermuthung gekommen bin, dass dieses
Wappen aus einer Vereinigung des Löwen- und Adlerwappens ent¬
standen sei.
Jedenfalls kannten die Leipziger Buchdrucker im Jahre 1640 nur
den Greif als Buchdruckerwappen, sie wussten damals nichts davon,
dass den Setzern ein besonderes Wappen, der Adler, verliehen worden
sei, wie Birken 28 Jahre später erzählt. Auch die Buchdrucker in
Jena wussten im Jahre 1648 von dem Adler nichts, wie aus Werthers
Erzählung1Gli von der Entstehung des
Jenaer Buchdruckerwappens hervorgeht.
Dieselbe lautet:
Im Jahre 1648 wurde zur Feier des
(westfälischen) Friedens von den Jenaer
Buchdruckern beschlossen, ein Gedächt-
nissstück zu errichten, und da zwei Cor-
nuten postuliren wollten, so wurde ein
Theil des Postulatsgeldes zu einer Messe
Nr. 141. Siegel der Jenaer Buchdrucker bestimmt. Nachher kam die Idee auf, ein
vom Jahre 1657. (Nach Werther.) schwarzes Leichentuch mit weissem Atlas-
kreuze anzuschaffen, welches reich mit Gold gestickt werden sollte.
„Ehe man aber zu dem Hauptwerke geschritten, hat man vertraulich
und einstimmig beschlossen, nichts Eigendünkliches und Affectirliches
sich anzumassen, sondern vielmehr über das einrnüthig Ausgesonnene
die hohe obrigkeitliche Vergünstigung schuldigermassen sich auszu¬
bitten, zugleich aber der benachbarten löblichen Gesellschaften kunst¬
billige Genehmigung zu ersuchen, und zwar, dass die Jenaische Buch¬
druckergesellschaft sich eines besonderen und andenklich Jahr hinaus
und auf die werthe Posterität unverändert dauernden Buchdrucker¬
wappens bedienen möchte, zu dem Ende der von dem Kunstmaler
-desselben verfertigte Riss überall mit hingeschi.ckt wurde.“ Das
Faulmann, Gesch. d. Buchdruckerkunst. 27