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Das Buchdruckerwappen.
sei, weiss die Verleihungsurkunde nichts zu berichten; diese Umschrift
istdaher, wie schon oben (S.71) bemerkt wurde, von dem EnkelMENTELS,
Johann Schott, dem Wappen eigenmächtig beigefügt worden.
Dass Kaiser Friedrich dem Gutenberg, wie Schmeitzel meint,
ein Wappen verliehen habe, ist schon desswegen unglaublich, weil
Gutenberg, als aus einer Patrizierfamilie stammend, bereits ein Wappen
besass; geradezu unmöglich aber ist es, dass das Wappen einer Ge¬
nossenschaft verliehen worden sei, welche damals noch nicht bestand.
Wir wissen aus dem Leben Platters, dass selbst im XVI. Jahrhundert
in Basel, einem der grössten Druckorte,
eine eigene Buchdruckerzunft nicht be¬
stand, dass die Buchdrucker sogar ver¬
schiedenen Zünften angehörten, ebenso
waren die Buchdrucker zu Strassburg
einer anderen Innung incorporirt, es
konnten aber Wappenrechte doch nur
Familien oder Gorporationen verliehen
werden. Wie leicht im XVI. und XVII.
Jahrhundert falsche Traditionen ent¬
standen, beweist die Abhandlung über
die Pseudo-Erfinder (s. oben S. 70—73),
und wie gegen die Kosterlegende schon
der Umstand spricht, dass Zeitgenossen
dieselbe nicht kannten, während für
die Erfindung durch Gutenberg gerade
Nr. i38.insignìe des wiener Buchdruckers die Berichte der Zeitgenossen am lau-
sikgrekius. (Nach dem original.) testen sprechen, so ist auch bei der
Wappenfrage das Schweigen der Zeitgenossen von Wichtigkeit. Wenn
wirklich eine Wappenverleihung an die Buchdrucker erfolgt wäre, so
würde Bergellanus in seinem langen Lobgedichte auf die Buchdrucker¬
kunst gewiss nicht ermangelt haben, dieselbe mit einigen Versen zu
feiern, sein Schweigen spricht dafür, dass er von einer solchen Ver¬
leihung nichts wusste, und dass er das MENTELSche Wappen als eine
reine Familienangelegenheit betrachtete. 'Joh. Schöffer in seiner Dedi¬
cation an Kaiser Maximilian (s. oben S. 65) erwähnt ebenfalls keines
Das Buchdruckerwappen.
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Buchdruckerwappens, obgleich es nahe gelegen wäre, diese Begna¬
digung der Buchdrucker in der Dedication an Kaiser Friedrichs III.
Nachfolger hervorzuheben. So haben wir zwei Zeitgenossen, welche
Ursache hatten, des Wappens zu erwähnen, und doch schwiegen.
Hieraus folgt, dass die Buchdrucker des XVI. Jahrhunderts von einer
solchen Wappenverleihung nichts wussten, und wenn die Autoren des
XVII. Jahrhunderts besser unterrichtet waren, so ist dies jedenfalls sehr
verdächtig. Aus welchen Quellen schöpften die letzteren?
Dr. Falkenstein vermuthete, dass die Sage vom Buchdrucker¬
wappen aus der Thatsache der Verleihung eines Wappens an Mentel
entstand. Derlei Sagen entstehen nicht an den Orten, wo jedermann
die Thatsache bekannt ist,
sondern an entfernteren, wo¬
hin das Gerücht die Nachricht
in unbestimmter Form ver¬
breitet. So finden wir auch
das MENTELsche Wappen in
modificirterWeise alslnsignie
des Wiener Buchdruckers
Singrenius (Nr. 138), der von
1510—1545 druckte. Diese
Insignien waren stets Waren¬
zeichen, welche jeder nach
Belieben wählen konnte, die
„ ,Qn , . • л w T, i j , c aber von anderen ähnlichen
Nr. 139. Insignie des Wiener Buchdruckers Skrzetuski,
genannt Hofhalter. (Nach dem Original.) Verschieden Sein mussten.
Singrenius gab dem Löwen einen Druckerballen in die Klaue und unter¬
schied dadurch sein Druckerzeichen von dem ScHOTTSchen, von dem
es entlehnt war. Daraus folgt keineswegs, dass Singrenius ein Buch¬
druckerwappen im Sinne hatte, sondern er erblickte in demselben nur
ein passendes Emblem für seine Buchdruckerfirma.
Ein anderer Wiener Buchdrucker, Raphael Skrzetuski, auch
Hofhalter genannt, wählte ein anderes Emblem, einen Adler, der den
Siegelring im Schnabel trug (Nr. 139), welcher nach dem Gedichte des
Bergellanus dem Gutenberg zur Erfindung der Lettern Anlass gab.