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Meister und Gehilfen.
Epilogus und zuletzt der Schmaus. Gessner bemerkt hiezu: „Die Depo¬
sition war ehemals auf Hochschulen ein wunderlicher Gebrauch, da
man die neu angekommenen Studenten durch einen besonders dazu
bestellten Mann, welcher Depositor hiess, auf allerhand Art und
Weise ihres Amtes erinnern und ihrem Hochmuth Einhalt thun wollte.“
Ueber das Verhalten .der Gehilfen gegen den Principal sagt die
Leipziger Buchdruckerordnung: „Gesellen sollen nach dem vierten
Gebot Gottes ihm Ehre und Gehorsam bezeigen, sich nicht widersetzen,
wenn sie ermahnt oder gestraft werden, noch weniger sich mit thät-
licher Gewalt an ihm vergreifen (wie wohl ehemals freche und leicht¬
fertige Gesellen sich unterstanden haben).“ Die Annahme eines Gesellen
erfolgte von einer Messe zur ändern, auch die Gesellen mussten diese
Zeit aushalten. Sechs Wochen vor der Messe war der Sagetag
(fälschlich Sacktag gesprochen, wovon die Redensart kommt: „den Sack
erhalten“), an diesem Tage wurden die Gehilfen vom Principale an¬
geredet, zu bleiben; wenn einer nicht angesprochen wurde, so war dies
gleichbedeutend mit der Kündigung, ebenso erfolgte von Seite der
Gehilfen an diesem Tage die Aufsage; nach der Nürnberger Ordnung
musste ein Gehilfe, der unter der Zeit austreten wollte, die Sache vor
das Vormundschaftsamt bringen. Heimliche Entfernung galt als ehrlos.
In der Leipziger Ordnung war ferner bestimmt, dass die Gehilfen auf
Begehren ihres Herrn sich von einer Presse, einem Kasten oder einem
Werke zum ändern stellen lassen mussten, was darauf hindeutet, dass
derlei nur im Nothfalle vorkam. Gewöhnlich hatte jeder Setzer sein
bestimmtes Werk, welches er vom Anfang bis zum Ende setzte oder
es arbeiteten zwei an einem Werke gemeinschaftlich. Noch zu meiner
Lehrzeit ging die Rede, wenn ein umfangreiches Werk in die Druckerei
kam, dass ein Setzer darauf hin heiraten könne, weil es ihm lang¬
dauernde Arbeit versprach. Heutzutage ist das ganz anders geworden,
die Schnellpressen haben mit diesem Gebrauch gründlich aufgeräumt,
das Publicum will morgen schon gedruckt haben, was es heute in die
Druckerei schickt.
Nach der Leipziger Ordnung war Schwatzen während der Arbeit •
und Fexiren, Lügen, Fluchen, Gotteslästern, auf die Bank hauen, ver¬
boten, Schelten und Streiten wurde mit zwei Gulden bestraft, wer dazu
Gehilfenordnung.
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Anlass gab, musste einen Gulden zahlen, ln der Frankfurter Ordnung
heisst es: Die Gesellen sollen sich alles Zechens, Spielens, Gottes-
lästerns und leichtfertigen verkleinerlichen Ausrichtens abwesender
Leute in den Druckereien enthalten, wie nicht weniger des unbeschei¬
denen unnöthigen Ab- und Zulaufens aus einer Druckerei in die andere,
dadurch fleissige Arbeiter zum Spazierengehen und Feiern zu bereden.
Nach der Nürnberger Ordnung wurde Schmausen, Zechen, Spielen
(wahrscheinlich das noch jetzt übliche Quadräteln, d. i. Würfeln 'mit
Gevierten, wobei die Signaturen die Augen vertreten) und unordent¬
liches Wesen mit einem Gulden bestraft. Diese Verordnungen dürften
wohl auf dem Papier geblieben sein, denn die meisten verbotenen
Sachen haben sich bis zur Gegenwart erhalten.
Nach der Leipziger Ordnung sollten Gesellen, welche bei dem
Herrn wohnten, im Winter um 9 Uhr, im Sommer um 10 Uhr zu Hause
sein, wenn nicht, sollten sie aussen bleiben; wer lärmte, klopfte und
.schrie, sollte einen Gulden Strafe zahlen. Nach der Nürnberger
Ordnung wurde das zu späte Nachhausekommen mit einem Tag
Arbeitslohn bestraft, welchen, dem Gehilfen abzuziehen, der Herr das
Recht hatte.
Wenn ein Geselle ohne Bezahlung seiner Schulden fortging,
sollte nach der Leipziger Ordnung ihm nachgeschrieben und er an
keinem Orte geduldet werden, bis er seine Schulden bezahlt habe. In
der Frankfurter Ordnung heisst es: „Da sich öfters zugetragen, dass
ein Geselle bei einem Drucker zu arbeiten sich verpflichtete, bei dem¬
selben und anderen Geld, Kleidung, Kost, Wäsche und anderes auftrieb,
hernach aber heimlich seinen Abtritt nahm, so solle er aufgetrieben
und untüchtig gemacht, jene aber, welche ihn bei sich geduldet hatten,
den Verbrechern gleich geachtet werden.“ Doch heisst es in derselben
Ordnung: „Kein Gesell soll den anderen um Schuldwerk oder vor¬
gewandter Unthaten willen auftreiben, an die Balken und Thüren
anzeichnen oder auf irgend eine verbotene Weise untauglich zu machen
sich unterstehen, sondern, was sie gegeneinander zu besprechen haben,
solches vor dem Rathe, unserem Bürgermeister, oder wohin wir es
weisen werden, austragen und sich der ordentlichen Mittel genügen
lassen.“
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