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Zeitungen.
Ein Blatt aus dem Jahre 1626, von dem es ungewiss ist, ob es in Berlin
oder in Stettin gedruckt ist, war in Norddeutschland sehr verbreitet, es
war entschieden protestantisch gehalten und mit Correspondenzen aus
Paris, London, Linz, Born, Wien, Venedig, Köln und anderen Orten
versehen. In Wien waren 1623 wenigstens zwei Zeitungsunternehmungen
im Gange und aus dem Jahre 1626 hat sich eine grosse Zahl derselben
erhalten. Zu Ende des XVII. Jahrhunderts sollen Nürnberg, Köln,
Augsburg, Regensburg, Hanau, Hamburg, Bremen, Gotha, Altenburg,
Koburg, Erfurt, Wittenberg, Leipzig (seit 1660), Berlin, Halle, Stettin,
Magdeburg, Königsberg, Kleve, Wesel Zeitungen gehabt haben.
Nach Dupont 100 war der Mercure français, von welchem 1611
bis 1643 25 Bände erschienen, die erste französische Zeitung, allein
dieselbe scheint nicht regelmässig erschienen zu sein, da die Zahl der
Bände nicht mit der der Jahrgänge übereinstimmt. 1631 veröffentlichte
der Arzt Renaudot ein Wochenblatt, die Gazette de France, welches nach
seinem Tode von seinem Sohne Isaak und nach dessen Ableben von
Eusèbe Renaudot fortgeführt wurde. Neben diesen Zeitungen erschien
ein Witzblatt in Versen von Loret unter dem Titel: Muse historique
und in der Form von Briefen an die Herzogin von Longueville von
1650—1678, ferner der Mercure de France, anfangs: Mercure galant,
gegründet von Jean Donneau de Visé, von 1672—1818.
In England erschienen zur Zeit des Königs Jakob I. gelegentliche
Berichte aus fremden Ländern in Form kleiner Quarthefte unter dem
Titel: News (Neuigkeiten). Das älteste bekannte derselben ist: News
out of Holland 1619, von N. Newberry herausgegeben. Zur Zeit des
dreissigjährigen Krieges bildeten sich diese Flugblätter zu einer regel¬
mässigen Wochenschrift aus, die von Nath. Butler herausgegeben
wurde. Zur Zeit des Ausbruchs des Bürgerkrieges unter Karl I. wurde
eine Anzahl von Zeitungen von den verschiedenen Parteien über das
Land verbreitet, welche sich blos mit den Angelegenheiten des Inlands
beschäftigten. Im Jahre 1637 errichtete John Innys zu London eine
Office of Intelligence, ein Annoncenbureau, 1662 begann der Kingdom’s
Intelligencer, welcher über verschiedenartigere Gegenstände als seine
Vorgänger berichtete, Nekrologe, Notizen über die Gerichts- und Par¬
lamentsverhandlungen und auch einzelne Ankündigungen brachte, der
Zeitungen. Druckfehler.
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Vorläufer der deutschen „Intelligenzblätter“. Da das Parlament die
Veröffentlichung seiner Debatten verbot, so erschienen neben den
gedruckten auch viele handschriftliche Zeitungen. Am 4. Februar 1665
erschien die noch jetzt bestehende London Gazette, anfänglich Oxford
Gazette, da die ersten Nummern in Oxford erschienen.
In Schweden waren die ersten regelmässigen Zeitungen: die
Ordinarie Post- Tidender (1643—1680), der schwedische „Merkur“
(1675—1683) und die lateinischen Stockholmer Relationes curiosae
(1682—1701).
Nicht minderes Interesse als die Politik erregte die Literatur.
Die Frankfurter Messkataloge mit ihren einfachen Titelangaben und
ihrem halbjährigen Erscheinen konnten dem Bedürfnisse nur wenig
entsprechen, daher gründete in Frankreich der Rath des Parlaments,
Denis de Sallo 1668 das Journal des Sçavans, welches unter der Leitung
eines Herrn d’Hédouville Berichte über neue Bücher, Nekrologe von
Schriftstellern, Nachrichten über neue Erfindungen und Entdeckungen,
Decrete der Universitäten und Gerichtshöfe brachte. Dasselbe erschien
bis 1792 in 111 Bänden, wurde 1816 wieder aufgenommen und besteht
noch jetzt. Das französische Beispiel fand Nachahmung. In Deutschland
rief Otto Mencke 1682 eine Gelehrtenzeitung (Acta Eruditorum) ins
Leben, welche ein Jahrhundert lang in 117 Bänden erschien, in den
Niederlanden gründete Bayle 1684 die Nachrichten aus der Republik
der Wissenschaften (Nouvelles de la république des Lettres) und bald
darauf begann Professor Leclerc in Amsterdam die Herausgabe der
Bibliothèque universelle.
Unter den Druckfehlern erwähne ich nur einen, der dem
Dr. Flavigny, königlichen Professor der hebräischen Sprache zu Paris,
grossen Kummer bereitete. Derselbe schrieb 1647 eine kritische Disser¬
tation in lateinischer Sprache gegen denProfessor AbrahamEghellensis,
worin er den Bibelspruch citirte : Quid vides festucam in oculo fratris
tui, et trabem in oculo tuo non vides? (Was siehst du den Splitter in
deines Bruders Auge und bemerkst nicht den Balken in deinem Auge?);
nun war in der zweiten Hälfte ein о ausgeblieben und dadurch ein
unanständiger Ausdruck entstanden. Echellensis erhob sich gegen
diesen offenbar typographischen Fehler mit mehr Feierlichkeit als