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Holztafeldruck auf der Presse.
Wir haben hier eine Reihe von Werkzeugen und Verfahrungs-
arten kennen gelernt, deren Erfindung allein schon hinreicht, um ein
Menschenhirn zu erschöpfen, wir finden es nun glaublich, wenn man
vom Erfinder erzählt, er sei oft über die Schwierigkeiten, die sich vor
ihm aufthürmten, verzagt und muthlos geworden, und sicher ist, dass,
wenn er auch nur die Buchdruckerpresse sammt Zugehör erfunden und
die Erfindung der beweglichen Typen einem Ändern überlassen hätte,
er sich den ewigen Dank der Nachwelt verdient hätte. Auch ohne die
beweglichen Lettern hätte der Holztafeldruck grösseren Aufschwung
genommen wie in China, welches, wie bereits erwähnt, keine Drucker¬
presse erfunden hat. Die Buchdruckerpresse scheint selbst auf den
Kupferdruck eingewirkt zu haben, denn der älteste enthält die Jahrzahl
1451, dann folgen andere von 1457, 1464, 1467 u. s. w.; die Presse
zeugte endlich die Schnellpresse, die einzige Erfindung der späteren
Zeit, welche wegen der Kühnheit des Gedankens und ihrer Wichtigkeit
für die Cultur Gütenbergs Erfindung an die Seite gestellt werden kann.
Man wird auch aus der vorstehenden Darlegung erkennen, dass
die Buchdruckerkunst keine einfache Idee war, welche vielleicht zu
gleicher Zeit und an verschiedenen Orten erzeugt, keine Sache, die in
ein oder zwei Jahren geschaffen werden konnte, und wenn dergleichen
behauptet worden ist, so ist das ein Beweis, dass das Genie des Erfin¬
ders so gross war, dass der Umfang seiner Schöpfung nicht leicht ge¬
würdigt und verstanden werden konnte.
Ob der Erfinder der Buchdruckerpresse sich nun sofort an die
Erfindung der beweglichen Typen gemacht hat, das ist eine Frage,
die ich, für meine Person, nicht mit Ja beantworten möchte. Wenn er
den Ehrgeiz hatte, Bücher auf mechanischem Wege massenhaft und
den Handschriften gleich herzustellen, so hatte er sein Ziel erreicht,
auch wenn er von Holztafeln druckte; eine Zeit lang konnte ihm dies
Befriedigung gewähren, bis sein rastloser Geist sich neue Ziele, grössere
Aufgaben steckte.
In dieser Anschauung wurde ich durch eine Mittheilung bestärkt,
die zwar aus trüber Quelle fliesst, immerhin aber einen wahren Kern
zu haben scheint. Im XVII. Jahrhundert, fast zweihundert Jahre nach
der Erfindung der Buchdruckerkunst, schrieb ein Mann, der Einsicht
Briefdrucker.
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in die Papiere derjenigen gehabt haben muss, die dem Erfinder nahe
standen, dass der letztere einen Diener oder Gehilfen Namens Hans
v.Petersheim gehabt habe, der die Kunst 1459 nach Frankfurt gebracht
habe.24 Nun kommt wirklich im Register der Bürger von Frankfurt
ein Hans Petersheim (Pfeddersheim, eine Stadt bei Worms, welche
1689 verbrannte) vor, der unter die Bürger aufgenommen wurde, aber
dieser war kein Buchdrucker, sondern ein Briefdrucker, d. h. ein Mann,
der kleine Drucksachen mit Holztafeln druckte. Diesem wurde die be¬
sondere Begünstigung eingeräumt, dass er nur 44 Schillinge als Taxe
zu zahlen brauchte, während die Bürgertaxe 3Pfund 4 Schillinge war.25
Es scheint also doch zunächst der xylographische Pressendruck erfun¬
den und durch die Arbeiter des Erfinders verbreitet worden zu sein.
Ç) çôçt
/'р*л/ѵсЬ j/vk.
Nr.7. Facsimile des geschriebenen Textes zum Holztafeldruck der Apukalypse.fNach dem Original.)
Dieser Druck von Holzstöcken auf der Presse lief lange Zeit noch
neben dem Typendruck her, für die Bilderbücher war der Typendruck
ohnehin überflüssig oder nebensächlich und der Briefdrucker konnte
sich die Mühe und Kosten des Giessens der Buchstaben ersparen. Das
Publicum kannte kein Bedürfniss nach Typendruck, es machte sich
nichts daraus, wenn die Bilderbücher mit Blättern durchschossen
waren, auf welche der Text geschrieben wurde, wie dies z. B. in der
Apokalypse vorkommt. Nr. 7 gibt ein Facsimile dieser Handschrift,
welche die Schreibschrift des XV. Jahrhunderts zeigt, die von der
Schrift, mit welcher wissenschaftliche Werke geschrieben wurden,
verschieden ist. Ein Bedürfniss war nur nach Bilderdrucken vorhanden,
wenn die Schreiber nicht zeichnen konnten. So bot der Antiquai-