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Fürstliche Buchdrucker. Presspolizei in Frankreich.
NachLiESSER145 legte Herzog August von Braunschweig auf seinem
Schlosse zu Wolfenbüttel eine eigene Druckerei an, gab den Druckern
viele Freiheiten und beschenkte sie mit silbernen Knöpfen an den
Röcken. Nach demselben legte Johann Ernst, Herzog zu Sachsen-
Weimar in seiner Residenz Weimar 1625 eine eigene Druckerei an,
nachdem er schon 1623 dazu ein Haus gemiethet hatte und setzte den
Buchdrucker Johann Weischner derselben vor.
Der Fürst Ludwig von Anhalt legte während des dreissigjährigen
Krieges eine Druckerei an, um die Schulbücher des Wolfgang Ratich
zu drucken, der eine leichtere Methode des Unterrichts erfunden hatte.
In Frankreich wurde durch Verordnung vom 10. Juli 1624 der
Druck von allen Abhandlungen, welche Staatssachen enthielten, ver¬
boten, sofern sie nicht die besondere Erlaubniss des Königs hatten;
die Verordnung wurde 1626 erneuert.
Ludwig XII. hatte am 9. April 1513 von der Buchdruckerkunst
gesagt, sie sei ein Mittel, so viele gute Und heilsame Lehren zu offen¬
baren, zu verbreiten und jedem zugänglich zu machen. Ludwig XIII.
sagte in seiner Verordnung von 1629. die Leichtigkeit und die Freiheit
zu drucken führe jeden Tag zu grosser Unordnung, ängstige das Land
und die Ruhe des Staates, sie bringe Verderbniss der Sitten und
gefährliche Lehren mit sich und nöthige ihn, ein mächtiges Heilmittel
anzuwenden; daher verbot er allen Buchdruckern des Königreiches
und allen Buchhändlern, Bücher, welche nicht den Namen des Autors
und des Druckers, sowie das Erlaubniss-Brevet mit dem grossen
Staatssiegel, das nur nach Vorlegung des Manuscriptes ertheilt wurde,
trugen, zu drucken und zu verkaufen.
Auch unter den folgenden Königen hatten die Drucker viel von
den Schrecken der Macht zu leiden. 1649 wurde der Drucker Niklas
Viven a y oder Vivenet, welcher während der Unruhen der Fronde im
Hôtel de Condé zahlreiche Pamphlete gedruckt hatte, zu fünf Jahren
Galeerenstrafe verurtheilt. Von 1660—1756 wurden 869 Autoren.
Buchdrucker, Verbreiter von Werken, Holzschnitten und Kupferstichen
verhaftet und in die Bastille gesteckt wegen Veröffentlichung von
Werken gegen die Sitte, die Religion, den König und die Regierung.
Von dieser Zahl gehörte wenigstens ein Drittel der Buchdruckerei.14l!
Hinrichtung von Buchdruckern. Pflege der Wissenschaft.
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In einem geschriebenen Journal des Advocaten Bruneau wird
ausführlich über eine Hinrichtung berichtet, welche für uns ein beson¬
deres Interesse hat. Am 19. November 1694 wurde nämlich der Buch¬
druckergehilfe Rambault vonLyon sowie der Buchbinderjunge Larcher
gehängt und das Gericht über fünf andere bis nach der Execution
aufgeschoben. Die beiden Gehängten waren peinlich befragt worden,
um Auskunft über die Autoren, Drucker, Buchbinder und Verbreiter
einer Schmähschrift gegen den König, welche die geheime Ehe des¬
selben mit der Madame Maintenon betraf, zu erhalten. Dieses Buch
hatte eine gravirte Tafel, welche die Statue des Platzes des Victoires
vorstellte, aber anstatt der dortigen Figuren an den Ecken des Posta¬
ments waren vier Frauen abgebildet, welche den König umschlossen
hielten. Der Graveur war entkommen. Später wurde noch ein Buch¬
händlerlehrling, Chavance aus Lyon, zum Strange verurtheilt und
gefoltert, wobei er bekannte, dass das Werk von den Mönchen her¬
rühre. Das Urtheil wurde jedoch unter dem Galgen zurückgezogen,
weil, wie man sagte, ein Verwandter des Chavance, welcher Beichtvater
des Königs war, einen Aufschub erlangt hatte. Die Witwe Gailloué,
in deren Druckerei das Libell gedruckt wurde, starb in der Bastille,
wohin sie aus diesem Anlasse gebracht worden war.147
Durch die 1685 erfolgte Aufhebung des Edicts von Nantes durch
Ludwig XIV., welche die Auswanderung der Protestanten zur Folge
hatte, verlor Frankreich viele geschickte Arbeiter, namentlich Papier¬
macher, welche ihre Kunst nach Holland, England und Preussen ver¬
breiteten.
Soferne aber die Buchdruckerkunst zur Verherrlichung des Glanzes
der königlichen Regierung beitrug, wurde sie, wie im vorigen Jahr¬
hundert, unterstützt. Unter allen katholischen Regierungen zeichnete
sich die französische durch die Pflege der Wissenschaften aus und
neben der Leichtfertigkeit der Pariser Sitten machte sich auch Zier¬
lichkeit des Benehmens und die Feinheit der Sprache geltend, welche
seit Franz I. gepflegt und von anderen Nationen bewundert wurde.
Der Cardinal Richelieu gründete 1635 die Académie française, jene
königliche Gesellschaft von 40 Gelehrten, welche das Recht erhielt, sich
selbst zu ergänzen, und gleich einem Tribunal im Louvre zusammenkam,