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Die Buchdruckerpresse.
Nr. 4 zeigt eine Wittenberger Presse aus dem Jahre 1520, gezeich¬
net von Ldcas Cranach, sie ist einer Titeleinfassung entnommen und
zeigt eine Presse, welcher der oberste Balken (die Krone) fehlt, doch
dürfte derselbe eher der Rücksicht auf die übrige Verzierung zum Opfer-
gefallen sein, denn unter den 13 Abbildungen von Pressen, welche
L. C. Silvestres Sammlung französischer Druckerzeichen (Marques
typographiques, Pans 1867) enthält, habe ich keine andere ohne Krone
gefunden, dagegen war, wie bei Ammanns Presse, häufig die Presse
durch Balken gegen die Decke gestemmt, um ein Schwanken der Presse
zu verhindern.
Nr. 5 zeigt eine Presse des
Jodocus Badius (PraelumAscen-
sianum) in Paris (1498—1535),
welche derselbe als sein Zeichen
auf seine Bücher druckte. Wir
-sehen auf derselben den Drucker
eben im Zuge begriffen, er (so¬
wie der Wittenberger Drucker)
hat den Bengel nur mit einer
Hand gefasst und beide halten
mit der anderen die Kurbel.
De Vinne irrt daher, wenn er
behauptet, die Drucker der alten
Zeit hätten mit einem ausser¬
ordentlichen Kraftaufwande ge¬
arbeitet; die Hauptsache war
stets ein rascher Schwung, um
einen scharfen elastischen Druck zu erzeugen.
Nr. 6 zeigt eine englische Presse aus dem Jahre 1560, der Drucker
ist entweder eben am Zuge oder er hat den Druck vollbracht und führt
den Bengel zur Ruhe, dieser zeigt eine gebogene Form, ein Beweis,
dass man schon früher mancherlei versuchte, um einen möglichst
elastischen Druck zu erzeugen. Die Spindel in der Mitte scheint sehr
kurz zu sein, da sie nicht sichtbar ist. Praktischer als der deutsche
Drucker haben der englische und französische das Papier hinter sich
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Nr. 5. Buchdruckerzek'hen dea Jodocus Badius 14У8.
Die Druckfarbe.
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liegen, so dass sie sich mit dem Oberkörper nicht vorzubeugen brauchten,
um die Bogen aus- oder einzulegen.
Nebenbei will ich noch bemerken, dass die einzelnen Theile der
Presse „Stücke“ hiessen, was die gelehrten Herren, welche sich über
die Bedeutung dieses Wortes in dem Strassburger Processe gestritten
haben, aus Gessners Werke über die Buchdruckerkunst (Leipzig 1740)*°
hätten erfahren können.
Die mit dem Reiber erzeugten Abdrücke von Holzschnitten sind
gewöhnlich mit einer braunen Erdfarbe gedruckt, es scheint aber, dass
sich dieselbe für die Druckerpresse nicht eignete, denn auch xylogra-
phische Drucke sind auf der Presse
mit schwarzer Farbe hervorgebracht.
Nun war zwar die Oelfarbe damals
schon bekannt, doch dürfte der
Druck besondere Ingredienzen be-
nöthigt haben, denn wir finden in
den Rechnungen der von zwei Mit¬
gliedern der Bruderschaft des heiligen
Dominicus im Kloster San Jacopo di
Ripoli in der Strasse della Scala er¬
richteten Druckerei zu Florenz aus den
Jahren 1474—1483, welche noch in
der Magliabecchi-Bibliothek erhalten
sind, folgende Bestandtheile der В uch-
druckerfarbe aufgeführt: Leinöl, Ter-
Nr.O. Englische Buchdruckerpresse ans dem у Rarzpech, Schwarzes Pedi,
XVI. Jahrhundert. r .
(Ana Johnsons Typographia.) McU’CcLSit (Schwefelkies), ZilLIlobei,
Harz, fester Firniss, flüssiger Firniss, Galläpfel, Vitriol, Schellack. Gegen¬
wärtig haben eigene Fabrikanten den Buchdruckern die Sorge um das
Farbesieden abgenommen, in früherer Zeit war dasselbe ein wichtiges
Geschäft der Buchdrucker und zugleich ein gefährliches; wegen der
damit verbundenen Feuersgefahr musste dasselbe ausserhalb der Stadt
vorgenommen werden. Das Verfahren war bis zu Anfang dieses Jahr¬
hunderts das folgende: Zum Firnisssieden nahm man gutes abgelegenes
Leinöl, ferner einen reinen Kupferkessel, der keine Risse haben durfte,