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Der dreissigjährige Krieg. Bücherverbote.
Schreibens zum Jubiläum 1640 Dr. Schmidt in Strassburg in einem
Schreiben an seinen Schwager Wencker, dass die hochwerthe und
niemals genug gerühmte Kunst bei dem allgemeinen Ruin des römischen
Reichs in etlichen Jahren sehr gefallen sei und noch falle, sintemal
viele fürtreffliche Officinae typographical dissipirt, die Typen oder
Buchstaben in Kugeln geschmolzen, die so kunsterfahren gewesen,
verjagt und zu anderen Geschäften genöthigt, schöne Papiermühlen
zerstört, verbrannt oder doch inüssig und stillstehend gemacht worden,
daher auch junge Leute, die sonst diese edle Wissenschaft zu erlernen
gute Inclination gehabt, davon abgeschreckt worden und noch abge¬
schreckt werden.142 In ähnlicher Weise äusserte sich Professor Höpner
in einer 1640 zu Leipzig gehaltenen Festpredigt, in welcher er der
Sehnsucht nach dem Frieden Ausdruck gibt.143 In Jena befand sich
nur ein einziger Gehilfe, Johann Blümler, derselbe war gerade in der
Druckerei beschäftigt, als Jena geplündert wurde; es geschah ihm
jedoch nichts, als dass die Soldaten ihn unter Drohungen zwangen,
ihnen seine Setzerkunst zu zeigen, was er denn auch unter Zittern und
Zagen that.144 Wie sehr der Krieg die Buchdruckerkunst schädigte,
zeigt der Umstand, dass im Jahre 1635 nur 307 Bücher erschienen,
während im Jahre 1618 1757 Bücher erschienen waren.
Nach dem Kriege wurden wieder Verordnungen erlassen, so
vom Herzog Johann Georg III. zu Sachsen 1683 und 1686 gegen
famose und ärgerliche Schriften, Pasquille und Chartequen, wobei
zugleich die Censurverordnungen erneuert wurden, und vom Kaiser
Leopold 1688 gegen die Winkeldruckereien.
Ein im Jahre 1669 erschienenes Verzeichniss verbotener Schriften
zeigt, dass nach Beendigung der Religionsstreitigkeiten auch erotische
Werke, welche übrigens schon früher nicht fehlten, Gegenstand der
Fürsorge der Censurbehörden waren. Die folgenden Titel verbotenen
Bücher bedürfen keines Commentarsi Histoire amoureuse des Gaules,
Histoire du palpis royal, Histoire du comte de Guiche, Belation de la vie
de madame de Savoy e, Vie de madame de Brancas, Lettre de madame de
Voujours, Le déroute des filles de joye, La comédie galante de Bussy,
Escole des filles, De walende hoer, Parnasse satyrique, Cabinet satyrique,
La Lupanie, Mémoires des dames galantes de Brantôme.
Sorge für guten Druck in Deutschland. Fürstliche Buchdrucker.
Wie die sächsischen Fürsten ihr Verordnungsrecht schon im
vorigen Jahrhundert nicht blos zu Bücherverboten benützten, sondern
auch zur Erzielung guter Drucke anwendeten, so liegen auch vom
XVII. Jahrhundert Verordnungen in diesem Sinne vor. In de.r Buch¬
druckerordnung Christians II. vom Jahre 1606 heisst es: „Der Hen¬
der Druckerei, wenn er selbe mit den nothwendigen Schriften und
allem, was dazu sonst gehört, versehen und die Correctur nicht selbst
versehen kann, soll gelehrte und verlässliche Correctoren halten und
fleissig inspiciren, damit ein jeder an seinem Ort dasjenige, was ihm
gebührt, getreulich verrichte“. Auf die sonstigen Bestimmungen dieser
Verordnung werden wir in dem Abschnitte, welcher von den socialen
Verhältnissen handelt, zurückkommen.
In dem Visitationsabschied der Universität Wittenberg vom Kur¬
fürsten Johann Georg I. 1614 wurden Rector und Decane beauftragt,
die Druckereien fleissiger als bisher zu inspiciren, dass sie schöne
Typen, gutes Papier und tüchtige Correctoren haben. Insbesondere
soll die Correctur der Bibeln niemandem als den hohen Stipendiaten
der Theologie gegen ziemliche Ergötzung, etwa von jeder Bibel
25 Gulden, an vertraut werden. Eine gleiche Verordnung erfolgte 1668,
in welcher ausserdem noch verfügt wird, dass kein Gedicht ohne
Genehmigung des Professors der Poesie in Druck gegeben werden soll.
(UhlANDs Worte: „Singe, wem Gesang gegeben“ waren damals noch
nicht bekannt, man kannte nur den Apoll. derdenMARSYAs geschunden.)
Nach Werther hatte sich der Erbprinz von Sachsen (Merse¬
burger Linie) Christian II. 1683 eine besondere in etlichen 20 Centnern
Schriften und zwei Pressen bestehende Druckerei sammt allem Zugehör
an messingenen Spindeln, Fundament, auch hölzerne Regale und
Gestelle auf seiner Residenz (Merseburg) eingerichtet und sich selbst
daran exercirt und eingeübt, auch nach seines Vaters Tod, da er die
Regierung angetreten, die ihm beliebte Kunst nicht hintangesetzt,
und nicht nur in seiner etablirten, sondern auch in Gottschickens
Druckerei mit Dero fürstlichen Händen in Gegenwart einiger Cavaliere
und Bedienten an der Presse verschiedene male gedruckt, wie er auch
ein beständiger Liebhaber dieser Kunst bis an seinen 1694 erfolgten
Tod geblieben.