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Ein Buchdrucker im XVI. Jahrhundert.
das Haus, wo ich noch innen bin, vom Herrn Johann Kächtler, der
Domherren Secretar, musste ausgeben jährlich IG Gulden von den zwei
Häusern, doch behielt er sich selber eine Kammer, wo er seinen Plunder
drin hatte. Da rüstete ich mir erst eine rechte Druckerei zu, dass ich
mit drei Pressen drucken konnte und nur fast Verdienstwerk dem
Dr. Hervagio, Frobenio, Isengrinio u. a., wer mir gab, dessgleichen
mir selber. So hatte ich mehr denn 30 Tischgänger, wobei ich viel
gewann und zahlte nach und nach meine Schulden ziemlich ab.“
(Er kaufte hierauf seinem Hausherrn die Häuser um 750 Gulden
auf Raten ab, mittlerweile musste er auch wegen der Pest und da er
35 Tischgänger hatte, zeitweilig nach Liechstall ziehen.)
яNachdem ich nun die Häuser gekauft und gezahlt hatte, fuhr
ich mit der Druckerei fort und hatte übel Zeit, auch mein Weib und
meine Kinder, denn die Kinder haben oft Papier gestrichen, dass ihnen
die Finger bluteten, aber es ging mir wohl, denn mit der Druckerei
allein mochte ich alle Jahr 200 Gulden fürschlagen, meine Druckerei
und Hausrath bessern, nahm auch Geld auf und zahlte, fand immer
Leute, die mir vorstreckten. Als aber viel Unruhe und Kriegsdrohen,
demnach auch Krieg schier in allen Landen sich erhob, wurden die
Druckerherren unwillig, viel zu drucken und Verdienstwerk zu geben
und waren die Gesellen so gar ungeschickt, dass ich schier einen
Unwillen hatte, mehr zu drucken. An einem Tag kam ich zu Herrn
Rudolf Frei, der war oberster Deputat und Pfleger auf der Rurg, bat
ihn, ob er mir wollte ein Pergamentbuch zu kaufen geben, da ich ihn
einmal drei hübsche grosse Bücher sah wohlfeil verkaufen ; weil ich denn
stets viel Tischgänger hatte, hätte ich gern Pergament gekauft, ihnen
zu geben, Büchlein drin zu binden.“
Platter liess sich später durch den Rath bewegen, wieder
Schulmeister zu werden, er verkaufte seinen Verlag theils an einen
Wittenberger, theils an einen Pariser Buchhändler und die Druckerei
wohlfeil an Peter Berna. Er starb am 26. Jänner 1582.
Ich habe diese treuherzige, wenn auch mitunter etwas verworrene
Erzählung stellenweise wortgetreu wiedergegeben, weil sie so recht
geeignet ist, uns über die Stellung der Buchdruckereibesitzer im
XVI. Jahrhundert aufzuklären.
Buchdruckereien im XVI. Jahrhundert.
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Vier Männer, von denen einer gar nichts von der Buchdruckerei
versteht und zwei Gelehrte sind, welche dieselbe nur theoretisch
kennen, gründen ohne Mittel und auf Schulden eine Druckerei, dennoch
hatte die Gesellschaft und obgleich sie nicht zu wirthschaften verstand,
bei der Auflösung keinen Schaden. Oporinus, der mit Winter fort¬
druckte, musste, als dieser fallii wurde, 700 Gulden aufnehmen, so
dass die Druckerei mehr seinem Gläubiger als ihm gehörte, ausserdem
hatte er mit seinem Verlage kein Glück; seine zweite Frau verstand
die Haushaltung nicht, er selbst führte sein Geschäft nicht mit der
nöthigen Genauigkeit in der Buchhaltung, musste seinen Vater und
seine Schwestern erhalten, war auch so freigebig, dass er bisweilen an
50 Conditionslose in Kost hatte und so war es erklärlich, dass er
8000 Gulden Schulden hinterliess, obgleich er noch zwei gute Heiraten
schloss, indem er 1564 des Hervagius Witwe heiratete, welche ihm
dessen Buchdruckerei zubrachte, und, als diese nach vier Monaten starb,
eine Tochter Amerbachs ehelichte. Platter, der besser zu rechnen
wusste, erwarb sich mit seiner Buchdruckerei drei Häuser.
Die Druckereien des XVI. Jahrhunderts waren überhaupt nicht
gross, Plantins Etablissement war eine Ausnahme, Robert Etienne
hatte nur vier oder fünf Pressen, Platter hielt sich für einen grossen
Buchdrucker, als er drei Pressen im Gange hatte. Lacroix 133 hält es
für eine Uebertreibung, wenn im Jahre 1538 der Advocat Boucherat,
der die Pariser Buchdrucker Guillaume Godart und Guillaume Merlin
in einem Processe vertheidigte, behauptet, dass sie 12 bis 14 Pressen
und 250 Arbeiter beschäftigten und wöchentlich 200 Riess Papier
verbrauchten. Und doch herrschte in Frankreich nicht die Gewerbe¬
freiheit, wie in Deutschland und der Schweiz. Nach dem Edict vom
Jahre 1571 musste jeder Buchdrucker, der in die Corporation auf¬
genommen zu werden wünschte, ein moralischer, unterrichteter und
fähiger Mensch sein, die lateinische Sprache verstehen und Griechisch
lesen können, vier Jahre Lehrzeit und drei Jahre Verwendung als Gehilfe
aufweisen, bevor er zur Meisterprüfung zugelassen wurde, welche sich
auf alle Theile der Buchdruckerei und des Buchhandels erstreckte.m
Ausserdem war die Zahl der Pariser Buchdrucker auf 24 festgesetzt
und niemand konnte Meister werden, der nicht ein solches erledigtes
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