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Die Buchdruckerpresse.
Fundament die Form bequem mit Druckerschwärze zu versehen und
etwaige Correcturen vorzunehmen.
Die einzelnen Schriftseiten, welche die Form bilden, müssen
Zwischenräume für den Rand der Seiten haben, welche durch Holz¬
stücke (Stege) ausgefüllt werden. Bei Foliodrucken bedarf es nur eines
Steges zwischen den zwei Seiten, welcher der Mittelsteg heisst. Damit
nun der Bogen genau auf die Form passe, ist es zweckmässig, denselben
auf einem Deckel zu befestigen, der gewöhnlich von Pergament und an
dem Fundament so befestigt war, dass der Deckel auf die Form
umgelegt werden konnte. In diesen Deckel wurde, um dem Drucke mehr
Elasticität zu geben, ein Filz eingelegt, auch noch mehrere Bogen auf¬
gelegt, oder auch, um den Druck zu regeln, nur an jenen Stellen Papier¬
stücke aufgeklebt, wo der Druck bei einer vorgenommenen Probe sich
schwächer erwies. Dieses Egalisiren des Druckes erfordert Verständniss
und Aufmerksamkeit; dass dasselbe dem Erfinder der Buchdruckerkunst
bekannt war, beweist sein schöner gleichmässiger Druck, wie viele Ver¬
suche aber gemacht werden mussten, um es hervorzubringen, liegt in
dem Dunkel begraben, welches die Urgeschichte der Buchdruckerkunst
verhüllt. Ein Gelehrter hat von der Schwierigkeit, auf einer Holzpresse
einen guten Druck hervorzubringen, keine Ahnung; ich kenne sie aus
Erfahrung, denn ich habe als Lehrling in meinen freien Stunden mich
fleissig auf den Holzpressen, welche in unserer Druckerei, allerdings
schon ausrangirt, noch vorhanden waren, geübt.
In der Mitte des Bogens, den der Drucker auf unserem Bilde
auflegt, sehen wir zwei Spitzen, es sind die Punkturen, in welche der
Bogen eingestochen wird, damit er richtig in der Mitte liegt, für diese
Punkturen sind im Mittelstege der Form Löcher gelassen, damit die
Punkturen den Druck nicht behindern. Oben und unten am Bogen
wurden eingeknickte Kartenblättchen angebracht, um den Bogen richtig
anzulegen. Zur Stütze des Deckels diente ein kleines Gerüst unter
demselben, welches der Kalgen (Galgen, im Englischen gallow) hiess.
Trotzdem nun aber der Bogen befestigt war, konnte doch die Luft¬
bewegung bei Umlegung des Deckels auf die Form die Lage des Bogens
verändern, daher wurde oben am Deckel din dünnes eisernes Rähm¬
chen angebracht, dasselbe mit starkem Papier beklebt und in diesem
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die Seiten genau ausgeschnitten (Ammann hat dieselbe in Nr. 3 unrichti¬
gerweise mit Strichen ausgefüllt). Dieses Rähmchen hielt, wenn es auf
den Deckel geklappt wurde, nicht nur den Bogen fest, es verhinderte
auch, dass die Schwärze, welche beim Aufträgen der Farbe oft den
Stegen mitgetheilt wurde, das Papier beschmutze. Zur Stütze dieses
Rähmchens dient eine an der Decke und am Fussboden befestigte
Schnur (Imliam), es genügte eine Bewegung des Fusses seitens des
Druckers, um das Rähmchen zuklappen zu lassen; in unserem Bilde
ist sie sehr auffallend gezeichnet. Ich vermuthe, dass der Erfinder der
Buchdruckerkunst dieses Rähmchen auch schon gehabt hat, wenigstens
sah ich im Würzburger Brevier, welches 1479 gedruckt ist, eine roth
gedruckte Zeile durch das Rähmchen geschnitten. Wenn nämlich durch
einen Zufall das Rähmchen sich verrückt, oder die Schrift nicht gut
ausgeschnitten ist, so bedeckt es einen Theil,
der Zeile, links, rechts, oben oder unten,
welche sich auf dem Rähmchen, nicht auf
dem Papier abdruckt und bei starkem Druck
nur als Schattirung auf dem Papiere zu be¬
merken ist.
Bernard 19 will in einem Exemplar des
Speculum humanae salvationis, einem sehr
frühen Druckwerke, welches aber ohne
Jahreszahl, ohne Namen des Druckers und
Druckortes erschienen, und obgleich mit
beweglichen Typen, doch anopistographisch
gedruckt ist, daher von einigen sogar als der
erste Druck betrachtet wird, die Schattirung
von Buchstaben bemerkt haben, welche nicht
zum Texte gehören; er meint, dass der Drucker desselben keine Aus-
füllstücke (Concordanzen) gehabt habe, um die leeren Räume der Vers-
zeilen auszufüllen, wesshalb er andere Schrift zur Ausfüllung genom¬
men, und im Rähmchen nur die Schrift des Textes ausgeschnitten
habe. In dem Exemplare der Wiener Hofbibliothek ist dergleichen nicht
zu bemerken, existirt aber eine solche Ausgabe, so würde dies das
Vorhandensein eines Rähmchens in frühester Zeit beweisen.
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Nr. 4. Die Buchdruckerpresse auf
J. Grünenbergs Randeinfassung,
Holzschnitt von Lucas Cranach.
Wittenberg 1520. (Nach Butsch.)