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Ornamentik.
gezeichnete Oeldruckbilder nach Persien schicke, gab er mir zur Ant¬
wort, dass man in Persien den Unterschied zwischen Druck und Malerei
sehr gut kenne, für gedruckte Bilder werde nichts gezahlt — aber für
diese gemalten Meisterwerke! So mögen noch im XVI. Jahrhundert
viele die mit Farbe eingestempelten Initiale den schönsten verzierten
Holzschnittbuchstaben vorgezogen, und Dürers reizendes Kinder¬
alphabet oder Holbeins Todtentanzalphabet kaum gewürdigt haben.
Der beschränkte Raum dieses Werkes gestattet mir nur einige Muster
vorzulühren, aber diese werden hinreichen, um die Bewunderung für
die herrlichen Gebilde hervorzurufen, welche damals aus der Verbindung
der Zeichenkunst mit dem Buchdruck entstanden.
Nr. 102 ist eine Randeinfassung von Albrecht Dürer, gedruckt
von Friedrich Peypus in Nürnberg 1513. Butsch, dem ich diese
Illustration entlehne, bemerkt darüber: „Sie bietet uns die erste und
herrlichste Schöpfung Albrecht Dürers fürBücherornamentik, gewöhn¬
lich die PiRKHEYMERsche Bordure genannt, nach dem Wappenschilde des
Willibald Pirkheymer, welcher sich, von zwei Engeln gehalten, auf der
unteren Querleiste befindet. Die Engelfiguren, das Weinlaub mit den
Trauben und die Festons, das sind Dinge, wie sie eben nur ein Dürer
machen konnte und jeder Strich dieser Composition zeigt uns das
selbständige Schaffen des grossen Meisters.“
Nr. 103 ist eine Randeinfassung von Daniel Hopfer aus der
Officili des Sylvan Othmar in Augsburg 1516. Ausser den reichen
Figuren der Ornamentik bietet auch die Form des Titels Interesse für
den Typographen.
Nr. 104 ist eine Randeinfassung von Hans Holbein aus der Officili
des Johannes Froben in Basel 1516 mit Frobçns Buchdruckerzeichen,
welches wie bei Dürer zwei Engel halten. Der Titel ist als Pergament¬
blatt vor einem Portal aufgehängt. Die Form des Titels zeigt die spitz¬
zulaufende Art der alten Schlussschriften, und die Wortabtheilung mit
und ohne Divis.
Nr. 105 ist eine Rande.infassung Lucas Cranachs aus der Officili
des Johann Grünenberg in Wittenberg 1520, von welcher ich die Buch¬
druckerpresse schon unter Nr. 4 gegeben habe, in der unteren Quer¬
leiste befindet sich das Monogramm Grünenbergs.
Ornamentik.
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Mit dieser Illustration wolle man den Titel von Luthers Bibel
vergleichen, welchen die Beilage 5 in Originalgrösse bringt. Derselbe
enthält durchwegs biblische Darstellungen.
ANNO [A. D. XX,
Nr. 105. Randeinfassung von L. Cranach aus der Officin des Johann Grünenberg. Wittenberg 1520.