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Holzschnitte.
entfalten konnte. Die rege Verbindung mit Italien entwickelte den
Schönheitssinn, während die Selbständigkeit grosser Künstlernaturen
wie Dürer, Cranach, Holbein verhinderte, dass das Lernen an fremden
Mustern in gedankenlose Nachahmung ausarte. Obgleich der Kupfer¬
stich schon entwickelt war, pflegten diese Künstler vorwiegend den
I Oil
Nr. 101. Holzschnitt aus dem Theuerdank. (Nach dem Original.)
Holzschnitt, welcher eine innigere Verbindung mit der Buchdrucker¬
presse gestattete und ihr Genie erhob denselben zu einer Stufe, welche
noch heute die Bewunderung fesselt. Neben den genannten Künstlern,
sowie dem ebenfalls bereits erwähnten Nürnberger Formschneider
Holzschnitte.
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Hieronymus sind noch zu nennen: Jobst Ammann, der eine reiche Zahl
von Holzschnitten, meist für den Buchhändler Sigismund Feyerabend
in Frankfurt, lieferte (in Nr. 2, 3 und 20 haben wir von ihm den Papier¬
macher, den Buchdrucker und Schriftgiesser kennen gelernt, von seinen
übrigen Arbeiten erwähne ich noch eines Alphabets aus Menschen¬
figuren, welches das geistvollste ist, welches ich je gesehen habe);
ferner Hans Schäufelin, welcher den Theuerdank illustrirte, und Jost
Dienecker, der Formschneider des Theuerdank, von dessen Bildern
Nr. 101 eine Probe gibt, Hans Burgmair in Nürnberg, Daniel Hopfer in
Augsburg, Bernhard Jobin in Strassburg, Jakob Lucius, Nikolaus
Nerlich, Martin Schöne und Virgilius Solis. Es ist natürlich, dass
unter solchen Verhältnissen eine Reihe illustrirter Werke entstand; ich
führe nur an: Dürers „Unterweisung“, welche ausser den erwähnten
Bildern über die Proportion der Buchstaben noch eine Reihe anderer
Zeichnungen enthält; sie erlebte 1538 eine neue Auflage, wurde 1535
zu Paris lateinisch gedruckt und 1603 zu Arnsheim; ferner Unterricht
zur Befestigung der Städte, Schlösser und Flecken, Nürnberg 1527 mit
12 Holzschnitten, lateinisch zu Paris 1535; Das Leiden Christi 1510;
Vier Bücher von menschlicher Proportion, vollendet durch den Form¬
schneider Hieronymus 1528, neue Auflage 1532. Auch Theuerdank
erlebte mehrere Auflagen, in der 1679 zu Ulm bei Schultes erschienenen
sind sechs Holzschnitte hinzugefügt, bezüglich deren der Herausgeber
bemerkt: „Weilen unter den wiedergefundenen Theuerdanks-Stöcken
noch sechs sich herfürgethan haben, so da unzweifelhaft auch dazu
hätten sollen gebraucht werden, aber in den alten Exemplaren nicht
zu finden sein, als hat es dem Verleger nicht undienlich zu sein er¬
achtet, auch solche noch über die nachfolgende sechs Stücke gleichsam
als eine Zugabe diesem Werke mit anzuhenken und weilen diesseits
nicht eigentlich bekannt, warum solche vormals ausgelassen, was der
Verstand derselben sein möchte, als seien einige der Figuren gemässe
Summarien, aus dieses allerhochlöblichsten Kaisers Lebenslauf heraus¬
gezogen und solche zugeeignet worden.“ Von Jobst Ammann sind noch
zu nennen: Kunst- und Lehrbüchlein für die angehenden Jungen,
daraus Reissen und Malen zu lernen, Frankfurt 1578; Artliche und
kunstreiche Figuren, Frankfurt 1584; Thierbüchlein 1592; Künstliche