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Musiknoten.
Wie alle Erstlingsdrucke die Handschrift nachzuahmen strebten, so
finden wir auch hier die Notenlinie durchlaufend gedruckt und gegen¬
über den Typen sehr fein ausgeführt. Dies war nur dadurch möglich,
dass die Notenlinien besonders, und wie mir scheint, von Messinglinien
gedruckt wurden, während die Noten mit Typen gesetzt und in die
Linien eingedruckt wurden. Ich habe lange an dieser Methode ge-
zweifelt, da die Noten so genau auf die Linien passen, dass nicht die
geringste Abweichung vorkommt und es scheint, als wären sie in einem
Stück gedruckt. Triftige Gründe überzeugten mich jedoch, dass wir
hier nur ein Product bewundernswerther Genauigkeit vor uns haben.
Ich fand nämlich einen gleichen Druck in Ernestis „Wohleingerichteter
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Nr. 96. Probe der Musiknotentypen aus PetruÜcis Tenori e contrabassi intabnlati. Venedig 1509.
(Nach Schmid.)
Buchdruckerei“ vom Jahre 1721 und zugleich das Schema eines
Kastens in Kupferstich. Dieser Kupferstich war nothwendig, um anzu¬
geben, welche Stellung die Musiknoten auf den Notenzeilen einnahmen.
Man goss also die Noten auf den vollen Kegel der Zeilen und in den
Stellungen, welche sie im Notensystem einzunehmen hatten, und bildete
so den Satz. Dann druckte man die Notenzeilen, hob nach erfolgtem
Drucke diese aus der im Fundament bleibenden Form heraus und setzte
die Noten in der gleichen Weise ein, wie beim Drucke von Titeln die
roth zu druckenden Zeilen eingesetzt wurden. Petrucci trieb die Sorgfalt
sogar so weit, dass er den Text besonders druckte, was daraus hervor¬
geht, dass dieser sowohl von den Linien als von den Notenstielen
'Musiknoten.
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überdruckt wird. In Meyers Journal für Buchdruckerkunstl2,> wird
zwar behauptet, dass ein Kölner Drucker vom Jahre 1501 der früheste
Drucker von beweglichen Musiknoten sei, ich habe nicht diese, wohl
aber die Ausgaben von 1505 und 1508 eingesehen und muss deren
Musikzeichen entschieden für Holzschnitt erklären; ferner wird dort
behauptet, dass im Jahre 1508 ein gewisser Johann von Montona vom
Papst Leo X. ein Privilegium auf Musiknotendruck erhalten und in
diesem Jahre eine Sammlung von Messen in Folio gedruckt habe; nach
Anton Schmid, dessen Monographie: Ottaviano dei Petrucci die beste
Quelle über den Musiknotendruck ist, erhielt ein Andreas de Antiquo
da Montone 1516 vom Papst Leo X. ein Privilegium auf 10 Jahre,
ein Messenwerk in Folio zu drucken und die Angabe des Journals
für Buchdruckerkunst dürfte umsoweniger richtig sein, als 1508 die
angegebene Sammlung von Messen in Venedig von Petrucci gedruckt
wurde. Ich habe das Foliowerk nicht gesehen, wohl aber venetianische
Drucke desselben Antiquo mit dem Privilegium Leos X. vpm 27. De¬
cember 1517, aber in PETRUccischer Manier gedruckt, obgleich Petrucci
von demselben Papste 1513 ein Privilegium auf 15 Jahre erhalten hatte.
Flieraus geht schon hervor, dass Petruccis Verfahren kein Geheimniss
blieb, und so linden wir es auch 1506 von Oeglin in Augsburg und
um 1511 von Peter Schöpfer, dem Sohne des gleichnamigen Zöglings
Gutenbergs, in Worms angewendet, welcher ein lutherisches Gesang¬
buch damit nachdruckte, nachdem das Original mit Noten in Holz¬
schnitt in Wittenberg erschienen war. Ein Werk von Oeglin vom Jahre
1512, bei welchem die Linien schon etwas abgenützt waren, zeigt
deutlich, dass dasselbe mit Stücklinien in Concordanzbreite hergestellt
war und die Feinheit derselben lässt auf Messinglinien schliessen.
Die Schwierigkeit dieses Doppeldrucks veranlasste Pierre Hautin
in Paris 1525 Musiknoten herzustellen, in denen Noten und Linientheile
auf derselben Type sich befinden, Hautin verfertigte Charaktere von
verschiedener Grösse und verkaufte sie an andere Buchdrucker, wie
denn schon Pierre Attaingnant 1527 mit diesen Noten druckte. Ich
habe eine Ausgabe desselben von 1534 zu sehen Gelegenheit gehabt
und das Anschliessen der Linien sehr gut gefunden. Die Leichtigkeit
des neuen Verfahrens machte dasselbe sehr verbreitet, Antonio Cardano