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Schreibschrift.
Die französische Schreibschrift des XVI. Jahrhunderts wurde
von Nikolaus Granjon zu Lyon im Jahre 1556 in Punzen geschnitten
und damit das Werk „La Civilité puérile et honnête“ gedruckt, nach
welchem die Kinder lesen und schreiben lernten. Sie hat davon den
Namen Caractère clé civilité erhalten, heisst aber auch schlechtweg Cursiv.
Nr. 84 gibt eine Probe die¬
ser Schrift, welche nicht
leichter herzustellen war,
als unsere heutige Schreib¬
schrift.
In den Niederlanden
schnitt Ament Tavernier
zu Antwerpen im Jahre
1558 eine Schreibschrift,
die identisch mit der des
Granjon ist, und sich auch
in den niederländischen
Schreiberschulen lange er-
У -rr halten hat. Plantin druckte
. T 3 ***** "*••««■ «п-дЛ 1564 damit ein Werkj auf
dessen Titel erbemerkt, die
Schrift sei geeignet, der
Jugend die Buchstaben der
Handschrift schön schrei-
f— . ben und richtig lesen zu
>3 Ö-«., fth-eg ft* V lehren-Auch dei'königliclie
Je» 'S,..,«- "Ччг1 ctmtHvf’ BuchdruckerWilh. Sylvius
zuAntwerpenbediente sich
1563 dieser Schrift.
In England bediente
man sich theils der Olcl-
Englisli, welche der deutschen gothischen Mönchsschrift, sowie der
holländischen Duits entspricht und sich als Titelschrift unter dem
Namen Black-letter bis jetzt in den Druckereien erhalten hat, theils einer
anderen Schrift: Base Secretary oder Engrossing Hand, welche der
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sie für die Buchdruckerei schneiden; ausserdem wendete man die
italienische Cursiv camellar esca an, welche in die Secretary und aus
dieser in die schöne lateinische Schreibschrift überging, die als Anglaise
bekannt ist. Die angelsächsische Schrift wurde von John Day 1567 in
die Buchdruckerei eingeführt, was nicht schwer war, weil die Antiqua
nur durch einige Buchstaben wie S und f ergänzt zu werden brauchte.
Da diese Sprache sich in der Provinz Wales erhielt, so wurde sie öfter
zu Büchern gebraucht.
aus deutschen Schriftgiessereien bezogen, fand die deutsche Fractur
allgemeine Anwendung.
erschien ein glagolitisches Messbuch, doch scheinen diese Drucke
seinerzeit wenig bekannt gewesen zu sein, nach den Anstrengungen
zu urtheilen, welche 1560 zu Urach gemacht wurden, um siidslavische
Typen herzustellen. Der krainische Edelmann PIans Ungnad Freiherr
v. Sonnegg, welcher als Anhänger der lutherischen Lehre Oesterreich
hatte verlassen müssen, dachte, als er sich zu Urach in Würtemberg
niedergelassen hatte, unablässig daran, der neuen Lehre in Krain, wo
auch die Stände dafür gewonnen waren, Eingang zu verschaffen;
er schickte daher 1560 den gelehrten Stephan Consul nach Nürnberg,
um bei dem Stempelschneider Johann Hartwach und bei dem Sehrift-
giesser Simon Auer nach seiner Anweisung glagolitische Lettern her¬
steilen zu lassen. 1561 berief er den Anton Dalmata als kroatischen
Dolmetsch zu sich nach Urach und schickte ihn nach Tübingen, wo
Consul die kroatische Druckerei bereits eingerichtet hatte. Hierauf
Hess er die beiden Nürnberger Meister Hartwach und Auer zu sich
nach Urach berufen, wo mittlerweile ein anderer Krainer, Trüber, der
gleichfalls wegen seiner lutherischen Predigten Oesterreich hatte ver¬
lassen müssen und bereits früher Bücher in kroatischer Sprache mit
lateinischen Lettern hatte drucken lassen, Pfarrer geworden war, um
unter seinen Augen cyrillische Lettern schneiden und eine Druckerei
anlegen zu lassen. So erschienen 1561 ein Abecedarium, kroatisch mit
glagolitischer Schrift, im selben Jahre der Katechismus, glagolitisch und