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Bâtarde.
Sprache zu gebrauchen und ernannte, um die letztere zu begünstigen,
im Jahre 1548 Denis Janot zum königlichenTypographenfür französische
Werke, obgleich erdesshalb die classische Literatur nicht vernachlässigte.
Nachdem ich oben den Uebertreibungen entgegengetreten bin,
mit welchen Geofroy Torys Werk Champ -fleury gefeiert wurde, bin
ich gern bereit anzuerkennen, dass dieses Werk (aber nicht wegen
seiner Proportionslehre) ein sehr verdienstliches war.
Das Werk hat nämlich einen Anhang, welcher aus folgenden
Abschnitten besteht: A)Erklärung.1.der hebräischen Buchstaben nebst
ihren Vokalen, 2. der griechischen, 8. der lateinischen, 4. der franzö¬
sischen Buchstaben und Leseregeln. Die hiezu verwendeten Lettern
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Nr. 82. Französische Batarde. Aus Torys Champ fletiry. (Facsimile nach dem Original.)
zeichnen sich nicht gerade durch Schönheit aus. B) Alphabete: 1.Lettres
cadeaulx (das Wort ist nach Tory entstanden aus quadreaulx, also:
Quadratbuchstaben), d. s. Initialbuchstaben, sie müssen die vierfache
Grösse und Breite der Textbuchstaben haben. Nr. 83 gibt das Alphabet
Torys in halber Grösse. 2. Lettres deforme, d.s. die gothischen Mönchs¬
buchstaben Gutenbergs; sie sollen in der »г-Höhe die fünffache Höhe
ihrer Basis und in den langen Buchstaben die siebenfache Höhe haben.
3. Lettre bastarde, d. i. die aus der gothischen Schrift entstandene
cursive Buchschrift. Nr. 82 gibt das Alphabet Torys in halber Grösse.
4. Lettre de torneure, d. i. die runde, römische Uncialschrift, welche
häufig zu Initialen verwendet wurde, sie ist identisch mit unserer
Ein Alphabetenbuch des XVI. Jahrhunderts.
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Nr. 39. Diese vier Alphabete sind von Jean Perréal, genannt Jean de
Paris, Maler des Königs, prachtvoll in Holz geschnitten.121 Hierbei
erwähnt Tory, dass die Lettres de forme auch Canon genannt wurden,
dass die Lettres bastardes früher in den Büchern gewöhnlich angewendet
wurden, dass es noch Lettres rondes, Lettres bourgeois, Lettres de somme,
Lettres romaines, Lettres greques, Lettres hébraïques und Lettres Aldines
gebe, unter denen er jedenfalls die Cursiv versteht, denn er bemerkt,
dass sie keine Versalien hatten. Hierauf folgen Lettres persiennes, ara¬
biques, aphricaines, turques et tatariennes, welche durch ein kufìsches
Alphabet in roher Form vertreten sind; dann Lettres caldaiques (eine
verzierte phönikische Schrift), Lettre Goffe, aultrement dicte Imperialle et
Bullatique (eine grotesque Uncialschrift, deren sich die Kaiser in ihren
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Nr. 83. Lettres cadeaulx. Aus Torys Cliamp fleury. (Facsimile nach dem Original.)
Mandaten und die Päpste in ihren Bullen als Initiale bedient haben
sollen), Lettres fantastiques, Lettres utopiques et voluntaires (beides
Spielereien), Lettres fleuries (geschmackvolle mit Blumen verzierte Ini¬
tialen), endlich Chiffres des lettres entrelacees (Monogramme). Das Buch
Torys ist demnach das erste typographische Alphabetenbuch und das
verleiht ihm viel mehr Werth als seine Proportionslehre. Von verschie¬
dener Seite ist Tory als Buchdrucker und Stempelschneider gefeiert
worden, wohl mit Unrecht. Das Werk ist bei Robert Gourmont gedruckt,
Tory war nur Buchhändler, aber zugleich der Verfasser des Buches,
der damit einen rühmlichen Eifer für die Fortbildung der Typographie
an den Tag legte.