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Holztafeldruck.
alten Europa das Drucken von Stoffen verstanden hat, die spätere
italienische Praxis dürfte wohl von den Weberfabriken der Sarazenen
in Sicilien herrühren.
Ebenso dürfte der Holztafeldruck mit dem Baumwollenpapier von
China nach Europa gekommen sein. Die Römer kannten nur das
ägyptische Papier und das Pergament, die Bucharei war von jeher
ihres Papieres wegen berühmt, die ersten Papierfabriken entstanden in
dem maurischen Spanien und das Verdienst der Europäer besteht nur
darin, den fremden Baumwollenstoff durch die heimischen Linnen¬
lumpen ersetzt zu haben. Spielkarten besassen schon die Chinesen
und der Uebergang derselben zu den Europäern ist nur desshalb schwer
nachzuweisen, weil den Mohammedanern das Spielen untersagt war.
Auch die christliche Kirche eiferte gegen das Kartenspiel und die
Mönche, welche gegen dasselbe predigten und auf diese Weise den
Interessen der Spielkartenfabrikanten entgegentraten, dürften letztere
jedenfalls damit besänftigt haben, dass sie denselben riethen, mit der
Herstellung von Heiligenbildern denselben und besseren Gewinn zu
erzielen.
Es ist nicht die Aufgabe dieses Werkes, eine Geschichte der Holz¬
schneidekunst zu liefern, daher sei nur darauf hingewiesen, dass der
europäische Holzbilderdruck mit dem chinesischen identisch ist, alle
Holztafelbilder vor 1440 sind anopistographisch, d. h. nur auf einer
Seite mittelst des Reibers oder der Bürste abgedruckt wie die chine¬
sischen Bücher, sie mussten auf den leeren Seiten zusammengeklebt
werden, um ein Blatt nach Art eines geschriebenen zu bilden. Der
älteste solche Holzschnitt ist vom Jahre 1418.10 Es zeugt daher von
grosser Unkenntniss der Verhältnisse, wenn man den Erfinder der
Buchdruckerkunst die Entdeckung machen lässt, dass irgend eine
Figur geschwärzt und auf Papier gedruckt, einen Abdruck erzeuge.
Das war im XV. Jahrhundert allgemein bekannt, aber es war nicht
bekannt, dass man mittelst einer Maschine eine ganze Seite, klein oder
gross, auf einmal abdrucken könne; den Chinesen ist das nie ein¬
gefallen und so, wie man den gewöhnlichen Lauf der Welt kennt, ist
auch nicht anzunehmen, dass einer der zünftigen Holzschneider und
Briefdrucker auf diesen Gedanken verfallen wäre. Ich begreife nicht,
Die Erfindung der Buchdruckerpresse.
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wie dem Dr. v. d. Linde dieser Unterschied entgehen konnte, da er
doch selbst sagt, dass im Gegensätze zu den auf Papier hergestellten
anopistographischen Drucken die xylographischen Donatausgaben auf
Pergament, mit Druckerschwärze, auf beiden Seiten und mit der Presse
gedruckt seien, und dass solche vor 1450, insbesondere vor Erfindung
der Buchdruckerkunst nicht vorkämen,17 er hatte jedenfalls keine
Ahnung von den Kenntnissen, welche ein Drucker besitzen muss.
Bevor ich auf die Buchdruckerpresse eingehe, muss ich voraus¬
schicken, dass die 42zeilige Bibel, welche im Jahre 1455 vollendet
wurde, einen musterhaften Druck zeigt, die Blätter halten genau Regi¬
ster, d. h. die Vorderseite eines Blattes nimmt genau denselben Raum
ein, wie die Rückseite, sie decken sich vollkommen, wenn man ein
Blatt gegen das Licht hält, ferner hat wenigstens das Papierexemplar
der k. k. Hofbibliothek in Wien keine Schattirung, d. h. der Eindruck
der Buchstaben ist auf der Rückseite nicht durch Erhöhungen bemerk¬
bar und drittens ist die Farbe gleichmässig schwarz. In der 36zeiligen
Bibel habe ich ein Blatt gefunden, welches nicht voll abgedruckt war,
so dass mit der Feder die Buchstaben ergänzt werden mussten, allein
im allgemeinen ist auch sie gut gedruckt, und vielleicht war die
erwähnte Ungeschicklichkeit nur bei einem einzelnen Exemplar vor¬
gekommen. Ein solcher Musterdruck setzt jahrelange Uebung und
ungezählte Maculaturbögen voraus, nur durch Erfahrung wird man
klug, und wenn eine von den beiden erwähnten Bibeln um 1450 zu
drucken begonnen wurde, so muss die Buchdruckerkunst Jahre vorher
erfunden worden sein, nicht erst, als Fust, durch Musterleistungen
überzeugt, sich herbeiliess, ein grosses Capital in dem Druckunter¬
nehmen zu engagiren. Ganz richtig bemerkt De Vinne:18 „Dass die Presse
eine Erfindung von Verdienst war, kann auf den ersten Blick erkannt
werden, wenn man sie mit der Schraubenpresse vergleicht, von der
man glaubt, dass sie als Basis ihres Baues gedient habe.“ „Dass
eine eigene Methode des Druckes in der Kindheit der Kunst erfunden
wurde, mag gleichfalls aus der Dauer der primitiven Form der Presse
gefolgert werden, deren wichtigste Züge sich noch in der modernen
Presse erhalten haben.“ „Die Bibel von Gutenberg war gewiss
in einer Presse gedruckt, welche den Druck schnell ausführte und
Faulmann, Gesch. d. Buchdruckerkunst. 2