268 Französische und niederländische Buchdruckereien im XVI. Jahrhundert.
neuem, und obwohl Dolet sich stets als guter Katholik bekannte,
Hessen ihn seine Feinde unter dem Vorwande, er habe ketzerische
Bücher gedruckt, in die Conciergerie nach Paris bringen. 1543 wurden
13 von Dolet gedruckte Werke als ketzerisch verbrannt. Wie schwer
es war, gegen ihn eine begründete Anschuldigung vorzubringen, beweist
die Stelle, welche die Grundlage seines Todesurtheils wurde; er hatte
einen Gedanken Platos: „Nach dem Tode wirst du nicht sein“, schärfer
ausdrücken wollen und übersetzt: „Nach dem Tode wirst du gar nichts
sein,“ daraufhin wurde er für einen rückfälligen Gottesleugner erklärt
und am 2. August 1546 zu Paris verbrannt (s. S. 247).
Die wichtigsten französischen Städte, in welche die Buchdrucker¬
kunst im XVI. Jahrhundert Eingang fand, sind: 1503 Périgueux,
1505 Toul, 1510 Nancy, 1522 Meaux, 1523 Kolmar, 1529 Bordeaux,
1535 St. Denis (die erste französische Privatdruckerei), 1540 Bourges,
1546 Le Mans, 1557 Rheims, 1559 Blois, 1574 Aix, 1580 Auxerre,
1583 Verdun, 1589 Sédan, 1592 Chartres, Nevèrs, 1594 Clermont,
Marseille, 1595 Langres, 1596 Autun, Pont-à-Mousson, 1599 Calais.
In den Niederlanden entstand im XVI. Jahrhundert die welt¬
berühmte Druckerei des Christoph Plantin in Antwerpen. Von Geburt
ein Franzose, von Montlouis bei Tours gebürtig, lernte er die Buch-
clruckerei nach einigen in Caen, nach anderen in Paris, reiste und kam
hiebei nach Antwerpen. Renouard erhielt bei seiner Durchreise durch
diese Stadt (1817) folgende Anekdote: Plantin, ivelcher sich kümmer¬
lich mit der Herstellung von Pappschachteln ernährte, erhielt eines
Abends auf öffentlichem Platze einen Dolchstoss, der ihn gefährlich
verwundete. Er hatte den Meuchelmörder, einen jungen reichen Bürgers¬
sohn, erkannt, und als dieser erfuhr, dass ihn Plantin bei Gericht
anzeigen wolle, ging er zu ihm und betheuerte ihm, dass er aus Miss-
verständniss getroffen worden sei, indem der Stoss einem Nebenbuhler
gegolten habe. Plantin unterliess die Anzeige, und als er genesen war,
erhielt er eine reiche Entschädigung, welche ihn in den Stand setzte,
eine Druckerei zu eröffnen. 1555 veröffentlichte er ein Duodezbuch,
welches er „die erste Blume aus dem Garten seiner Buchdruckerpresse“
nannte. Seine Drucke erregten bald Aufsehen durch die schönen Typen,
welche er sich von Le Bé in Paris hatte schneiden lassen. Philipp II.
Plantin und seine Erben. Rescius.
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ernannte ihn zum Hofbuchdrucker (prototypograplius) und beauftragte
ihn, die berühmte Polyglottenbibel, von welcher später Proben folgen
werden, zu drucken; sie erschien 1569—1572 in acht Bänden. Man sagt
auch von ihm, dass er Belohnungen für die Auffindung von Druckfehlern
aussetzte, obwohl er selbst sehr unterrichtete und gelehrte Gorrectoren
hatte. Die Zahl seiner Pressen soll sich auf 20, der Lohn für seine
Arbeiter täglich auf hundert Ducateli belaufen haben, was unglaublich
ist. Während Albas Regiment zog er sich mit einem Theil seiner Buch¬
druckerei nach Leyden in Holland zurück und übergab die Führung
der Buchdruckerei zu Antwerpen seinem Schwiegersöhne, dem gelehrten
Franz Raphelengh, später kehrte er zurück und sandte jenen nach
Leyden. Er starb 1589, sein Grabstein trug die Inschrift:
Cliristophorus situs hie Plantinus, regis Iberi
Typographus, sed rex typograpliorum ipse fait.
(„Hier ruht Christoph Plantin, der Drucker des Königs von Spanien,
er selbst war ein König der Buchdrucker.“) Er hinterliess seinen drei
Töchtern ebensoviele Buchdruckereien zu Leyden, Antwerpen und
Paris. Der Besitzer der ersten, Raphelengh, ist bereits erwähnt, er war
Professor der morgenländischen Sprachen zu Leyden, wo er 1595 mit
einer reichhaltigen Probe seiner neugeschaffenen Typen: Specimen
characterum arabicorum officinae Plantinae, hervortrat. Die Antwerpener
Officili erhielt Jan van Morst (Moretus), dessen Sohn Balthasar der
sterbende Grossvater seine ausgezeichneteBüchersammlung vermachte;
seine Nachkommen leben noch jetzt in Antwerpen und drucken noch
jetzt mit denselben Typen wie ihre Vorfahren. Die Pariser Officili ging
an Gilles Beys über.
Ein anderer berühmter Buchdrucker zu Leyden war der 1545
gestorbene Rutger Rescius, zugleich Professor der lateinischen, grie¬
chischen und hebräischen Sprache. Die berühmte Familie der Elzevir,
deren Stammvater 1592 zuerst druckte, werden wir im folgenden
Jahrhundert näher kennen lernen.
In Amsterdam wurde die Buchdruckerkunst 1523 eingeführt, als
Druckort wurde es erst im folgenden Jahrhundert berühmt, im Haag
wurde 1593 die erste Druckerei errichtet.