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Stempeldruck.
auch bei den Römern hat man derlei Stempel gefunden; in ihnen sind
die Worte in verkehrter Richtung eingeschnitten, sie hiessen Tesserae
signatoriae.10 Die Griechen verwendeten sie zur Stempelung von Gefässen,
auf ihrer Anwendung beruht der Kunstgriff des Königs Agesilaus (den
Plutarch in den lakonischen Sentenzen erzählt), der sich verkehrt das
Wort NIKH (Sieg) auf die Hand schrieb, bevor er zum Opfer ging,
dann die Leber des Thieres in dieser Hand eine Zeit lang, still, wie in
Gedanken versunken, hielt und hierauf den Truppen das auf der Leber
abgedruckte Wort als ein Götterzeichen vorwies.11 Mit den Stempeln
stehen die Siegel in ursächlichem Zusammenhang.
Die Griechen hatten eine Malerei, welche sie „enkaustiseh“ nann¬
ten (von kauma „Brand“, kaiein „brennen“); ob sie auf diese Weise
auch Rücher hergestellt haben, ist nicht bekannt, aber sicher ist, dass
der silberne Codex zu Upsala, welcher die gothische Bibelübersetzung
des Ulfila enthält, so hergestellt ist, dass die Buchstaben mit einem
lieissenEisen eingebrannt wurden, wahrscheinlich um das Silberund Gold
zu befestigen. Beweise dafür sind: 1. dass die Buchstaben eine vertiefte
Fläche zeigen und auf der Rückseite eine erhabene, so fühlbar, dass
man sie mit den Fingern greifen kann, 2. dass die Blätter an einzelnen
Stellen beschädigt sind und zwar an jenen, wo das Eisen zu stark oder
zu heiss aufgeprägt worden ist, manchmal auch nur ein Loch in der
Gestalt desBuchstabens vorhanden ist, 3.dass die Buchstaben einander
so gleich sind, wie sie nur mit Typen hergestellt werden können, 4. es
finden sich manchmal Buchstaben verstellt, wie das beim Setzen, aber
nicht beim Schreiben vorkommt, 5. bei manchen Buchstaben findet
sich die Farbe verwischt und man sieht nur Theilchen von Gold und
Silber in den Furchen, welche die Buchstaben bilden, was daher kommt,
dass die Mischung vonOel, Wachs oder Leim, welche unter dem Metall¬
plättchen aufgetragen wurde, um demselben mehr Klebkraft zu geben,
zu trocken geworden war, als man den Buchstaben darauf brannte.
Ein ähnliches Werk ist der Psalter, welchen Fournier18 in der Biblio¬
thek St. Germain zu Paris gesehen hat. Es gibt aber auch Bücher, in
denen das Gold nicht mit Eisen, sondern mit der Feder aufgetragen
wurde und diese beiden Arten findet man auch in den Initialen der
tncunabeln des XV. Jahrhunderts; eigentlich findet man hier drei
Zeugdruck.
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Arten: Aufträgen von Goldplättchen auf heissem und auf kaltem Wege
und Goldschrift mittelst der Feder. Erstere sah ich in den Druckwerken
' Gutenbergs, Fusts und Schöffers, inMENTELsBibel und anderen Incuna-
beln, Goldschrift mit der Feder fand ich im Virgil des Manutius. Aber
nicht nur Goldbuchstaben wurden mit Stempeln geprägt, auch gewöhn¬
liche Schrift. Carpentier (in Gloss, p. 675) führt verschiedene mit An¬
wendung des Stempels gefertigte Bücher aus einem Bücherverzeichniss
zu Paris aus dem XIV. und XV. Jahrhundert auf; diese aus einzelnen
oder mehreren Buchstaben bestehenden Stampiglien oder Stempel
wurden litterae formatae oder lettres de forme genannt13 und dieser
Ausdruck wurde merkwürdiger Weise von den Franzosen auf die gothi¬
sche Mönchsschrift übertragen, mit welcher die GuTENBERG-Bibeln und
der Psalter von Schöffer gedruckt sind. Ein neuerer italienischer Autor,
D. Vincenzo Requeno, welcher eine Abhandlung über diesen Gegen¬
stand veröffentlicht hat, sagt, dass die Anwendung von gravirten
Lettern bei italienischen Büchermachern des Mittelalters sich nicht
auf die Verzierungen und Initialen beschränkt habe, sondern manch¬
mal auch für den Text gebraucht wurde, und dass viele sogenannte
Manuscripte mittelst Einprägung solcher geschnittener Lettern erzeugt
worden seien.14 Daher mag denn auch Pomponius Laetus die Buch¬
druckerkunst nur für eine Erneuerung des alten Stempelverfahrens
gehalten haben. Die Italiener übertrugen das Wort „stempeln“ auf die
Buchdruckerei, sie nennen dieselbe stamperia.
Mit dem Stempeldruck ist der Zeugdruck verwandt, auch er wird
mit Stempeln ausgeführt. Auf altägyptischen Gemälden findet man
Schwarze mit bedruckten Zeugen. Herodod erwähnt der Kleider eines
Volkes im Kaukasus, welche mit Figuren und Thieren bedeckt waren
(doch können das auch Stickereien gewesen sein, da die Stickerei auf
den vorerwähnten ägyptischen Bildern schon bei den weissen Libyern
vorkommt), Plinius beschreibt die verzierten Linnen der alten Aegypter,
die spanischen Eroberer von Mexiko brachten die Kunde zurück, dass
das Volk der neuen Welt in Baumwollkeider von glänzenden Farben'
gekleidet war, von denen Stephens behauptet, dass sie gedruckt
seien, Cook erzählte von den Polynesiern, dass sie ihre Kleider in der
Weise des Stempelns verzierten.15 Es ist nicht bekannt, dass man im