262 Italienische und Schweizer Buchdruckereien im XVI. Jahrhundert.
1527 wurde hier in russischer Sprache gedruckt und 1528 erschien
ein glagolitisches Messbuch.
Ein anderes berühmtes italienisches Buchdruckergeschlecht war
die Familie Giunta oder Junta zu Florenz. 1497 erschien zuerst ein
kleines griechisches Werk mit dem Namen Filippo Giunta, nach dessen
Tod setzten seine Söhne Benedetto und Bernardo die Druckerei fort,
welche über ein Jahrhundert sich vom Vater auf den Sohn vererbte.
Nach Falkenstein war der letzte Druck die „Rime“ des Michel Angelo
Buonarotti 1623, doch bestand die Firma in Venedig noch länger. Die
Typen dieser Druckerei wetteiferten mit den Aldinischen an Schönheit.
In Genua zeichnete sich Paulus Porrus durch den Druck eines
Psalters in hebräischer, griechischer, arabischer und chaldäischer
Sprache nebst drei verschiedenen lateinischen Auslegungen 1516 aus.
In der Schweiz war auch im XVI. Jahrhundert Basel der Haupt¬
druckort. Nach dem Tode Frobens erlangte Johann Oporinus (Herbst),
der 1549 die Professur mit der Buchdruckerei vertauscht hatte, durch
seine correcten Werke und die gute Ausstattung seiner Bücher grossen
Ruhm. Er hatte ein bewegtes Vorleben und vier Gattinen trugen
nicht dazu bei, ihm das Leben zu verschönern. Er selbst schrieb Werke,
Uebersetzungen aus dem Griechischen und weitläufige Register über
Plato, Aristoteles, Plinius und andere griechische und lateinische
Classiker. Ein anderer hervorragender Buchdrucker istMiCHAEL Isengrin,
dessen Ausgabe des Aristoteles für schöner gehalten wird als die
Princeps des Aldus.
In Zürich fand die Buchdruckérei 1504 Eingang, sein berühm¬
tester Buchdrucker im XVI. Jahrhundert war Christoph Froschauer,
der 1519 in Zürich das Bürgerrecht erhielt und 1521 einige Ver¬
deutschungen von Erasmus Schriften herausgab. Aus seinen Pressen
ging 1524 die erste Schweizer Bibel hervor, die er überhaupt in 21
verschiedenen Ausgaben in verschiedenen Formaten, 16 in deutscher
und 5 in lateinischer Sprache, druckte. Sein Ruf war so gross, dass er
selbst von England aus Aufträge erhielt. Bei ihm wurde die erste
englische Bibel hergestellt, zu der nur die Zueignung und das Vorwort
in London gedruckt wurden, sie ist mit Holzschnitten von Sebald Венам
geziert. Nebenbei druckte er die Werke Zwinglis und seiner Genossen.
Schweizer Buchdruckereien im XVI. Jahrhundert.
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Ueber die Lohnverhältnisse in damaliger Zeit belehrt uns ein Brief, den
er 1545 an Vadian nach St. Gallen schrieb, und worin er ihm berichtet,
dass er für die Illustration zur Chronik den besten Maler seiner- Zeit
aufgenommen habe, ihm Wohnung, Kost und alle Wochen 2 Gulden
gebe, er sei mit nichts anderem als mit den Zeichnungen zu derselben
beschäftigt. 1551 kaufte er das unbewohnte Dominicanerkloster, um
seine Druckerei dahin zu verlegen und nannte es die Fröschau, welcher
Name sich bis jetzt erhalten hat. An seinem Bruder Eustach und dessen
Söhnen Eustach und Christoph hatte er treue Gehilfen, da er aber
kinderlos starb, löste sich das Geschäft auf; die Papierfabrik verblieb
bis 1729 im Besitze seiner Familie, die Druckerei kaufte Johann Wolf,
und diese nämliche ist es, welche nach vielen Schicksalen zu Anfang
des vorigen Jahrhunderts an Konrad Orell, den Begründer des Hauses
Orell, Füssli & Co. gelangte, welches noch jetzt Initialbuchstaben
aus Froschauers Zeit besitzt.
Aargau erhielt 1511 die Buchdruckerkunst, Luzern 1524, Bern
1530, Neuburg oder Neufchatel 1535, Waadt 1536, Lausanne 1556,
Graubündten 1550, Schaffhausen 1577, St. Gallen 1578, Freiburg 1585,
Bruntrut (Canton Bern) 1598.
Genf hatte die Ehre, der Zufluchtsort mehrerer gelehrter Pariser
Buchdrucker zu werden, die ihres Glaubens wegen ihr Vaterland ver¬
lassen mussten, so Konrad Badius, Robert Etienne (Stephanus) und
Johann Crispinus. Freilich war dieser Zufluchtsort ihrer persönlichen
Freiheit dienlicher als ihrer Kunst, die Genfer hatten keinen Sinn für
die eleganten Pariser Ausgaben, hier wurde schlecht auf schlechtem
Papier und billig gedruckt, der Puritanismus ist der Kunst nicht hold.
In keinem Lande fand die Buchdruckerkunst eine solche Pflege
von Seite der Regierung als in Frankreich (s. oben S. 248). Väterliche
Fürsten gaben ihren Buchdruckern, je nachdem sie folgten oder nicht,
Zuckerbrod oder die Peitsche, Titel, Würden oder den Scheiterhaufen,
dem sich die meisten durch die Flucht entzogen. Indessen waren solche
Unannehmlichkeiten in dieser aufgeregten Zeit überall zu haben, so
dass bei einer Vergleichung mit anderen Ländern ein guter Theil
landesväterlicher Sorgfalt immer noch als Plus für die Franzosen übrig
blieb, und dies die Blüthe der französischen Typographie zur Folge