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Italienische Buchdruckereien im XVI. Jahrhundert.
denselben 1539, um die neue Kirchenordnung zu drucken, welche 1540
erschien, und da ihm zugleich ein Privilegium auf alle von ihm zu
druckenden Werke verliehen wurde, entschloss er sich in Berlin zu
bleiben.
Indirect wurde Wittenberg die Pflanzstätte vieler Druckereien
durch die lutherische Lehre, die sich mit grosser Schnelligkeit in ganz
Deutschland, Oesterreich und in dessen Nebenländern verbreitete; so
errichtete der aus Wittenberg heimgekehrte Johann Honter zu Kron¬
stadt in Siebenbürgen eine Druckerei, ebenso Kaspar Heltai, der in
Wittenberg studirt hatte, eine solche in Klausenburg.
Italien wetteiferte mit Deutschland an intensiver Verbreitung
der Buchdruckerkunst, fast jedes kleine Städtchen erfreute sich einer
Buchdruckerei, und wenn ich aus Furcht, es möge das Interesse an
der speciellen Aufführung der einzelnen Orte fehlen, eine solche unter¬
lasse, so möge dies nicht falsch gedeutet werden.
In Rom wurde vom Papst Leo X. im Jahre 1516 eine eigene
Druckerei für die apostolische Kammer imQuirinal errichtet, sie kostete
40.000 Goldgulden und wurde von dem Venetianer Buchdrucker
Dominik Basa eingerichtet. Pius IV. rief 1561 Paul Manutius an die
Spitze derselben. Sixtus V. bereicherte sie mit fremdsprachlichen Typen
und Clemens VIII. vertraute die Leitung derselben dem jungen Aldus
Manutius an. Im folgenden Jahrhundert ging sie an die Congregatio
de propaganda fide, die römische Missionsgesellschaft, über. Eine andere
Druckerei, welche im gleichen Sinne berühmt wurde, gründete der
Cardinal Ferdinand von Medicis; in ihr wurden 1593 die Werke des
Avicenna mit arabischen Lettern gedruckt. Als der Cardinal Grossherzog
von Toskana geworden war, kam diese Typographic medicea nach
Florenz.
In Venedig verdunkelte der Glanz der Buchdruckerfamilie
Manutius alle Zeitgenossen. Aldus Manutius (1494—1516) liess von
der griechischen Schrift 9, von der lateinischen 14, von der hebräischen
Schrift 3 Grade herstellen und durch Francesco da Bologna die Cursiv-
schrift schneiden, die sich bis heute als Begleiterin der Antiqua erhalten
hat. Er hatte in seinem Hause eine kleine Akademie gestiftet, deren
Mitglieder grösstentheils bei ihm wohnten. Hier wurden Handschriften
Manutius. Bömberg.
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kritisch beurtheilt,von falschenLesarten gereinigt, zumDrucke befördert
und bogenweise corrigirt. Ihm verdankt man die Editiones principes
(ersten Ausgaben) von 28 griechischen Classikern, er selbst gab eine
griechische und lateinische Grammatik, ein griechisches Wörterbuch
und eine Einleitung in die hebräische Sprache heraus. Er starb am
6. Februar 1516 an den Wunden, die er von drei Meuchelmördern
empfangen hatte. Während der Minderjährigkeit seiner Söhne führte
sein Schwiegervater die Druckerei, unterstützt von seinen Söhnen
Francesco und Federico bis zu seinem 1529 erfolgten Tod fort; von jetzt
an bis 1533 blieb dieDruckerei geschlossen. In diesem Jahre erneuerten
die Söhne des Aldus und des Andreas d’Asola die Gemeinschaft unter
der Firma: In aedibus liaeredum Aldi Manutii Romani & Andreae Asolini
soceri und Paolo Manutio übernahm die Leitung der Druckerei. Doch
schon im Jahre 1540 trennte er sich von seinen Vettern und druckte
mit seinen Brüdern weiter. Im Jahre 1556 wurde ihm die Direction
der akademischen Druckerei seiner Vaterstadt übertragen und 1561
berief ihn, wie oben bereits erwähnt, Papst Pius IV. nach Rom. Seine
Brüder Manutio und Antonio führten die Druckerei in Venedig fort, der
letztere eröffnete, als er aus Venedig verbannt worden war, eine
Druckerei zu Bologna. Aldus Manutius II., Enkel des ersten Aldus,
war gelehrt wie sein Vorfahr, verstand aber nicht hauszuhalten; er
musste die Druckerei verkaufen und wurde 1590 von Clemens VIII. zur
Leitung der Typographia vaticana berufen, mit seinemTod 1597erlosch
sein Geschlecht.
Eine typographische Specialität war die hebräische Druckerei
des Daniel Bömberg aus Antwerpen inVenedig(1517—1550). Während
bisher nur Juden hebräisch gedruckt hatten, war er der erste Christ,
der sich für hebräische Drucke interessate und ausschliesslich mit ihnen
beschäftigte. Lesser hält ihn irrthümlich für den ersten, der Hebräisch
mit den Punctationen druckte, während doch die Soncinobibel schon
mit solchen gedruckt war. Ebenso scheint übertrieben, wenn von
ihm erzählt wird, er habe 200 Juden in seiner Druckerei gehalten
und jede Auflage des In 12 Bänden erschienenen Talmud habe ihn
100.000 Thaler gekostet. Auch in anderen Sprachen glänzte Venedig.
Paganini von Brescia gab 1518 denKoran in arabischer Sprache heraus,