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Im Jahre 1530 führte Heinrich VIII. die Censur ein, ausländische
Bücher mussten den Geistlichen vorgelegt und in England durfte kein
Buch gedruckt werden, bevor es geprüft und gutgeheissen war. 1533
widerrief Heinrich die Akte Richards III., verbot die Einfuhr aus¬
ländischer Bücher, verbot aber auch den englischen Buchdruckern, in
Folge dessen ihre Preise zu erhöhen. Den Anlass zu diesem Verbot
dürfte Tyndals Bibelübersetzung gegeben haben, welche im Auslande
gedruckt worden war. 1531 wurden zu London mehrere Personen
verbrannt, weil sie diese Bibel besassen; Tyndal selbst wurde 1536
erdrosselt und verbrannt, sein Beschützer Lord Monmouth ging im
Tower zu gründe. Im Jahre 1539 wurde für fünf Jahre jedermann
im Königreich verboten, eine Bibel in englischer Sprache zu drucken,
um Verschiedenheiten der Uebersetzung vorzubeugen. In diesem Jahre
hatten Grafton und Whitchurch nach vielen Schwierigkeiten in
London eine englische Bibel gedruckt, wozu sie die Typen und andere
Materialien aus Paris bezogen hatten. Lord Cromwell verschaffte
ihnen ein Privilegium auf fünf Jahre. Kurz nach Cromwells Tode wurde
Grafton gefangen genommen, weil er Mathews Bibel und die „ grosse
Bibel“ gedruckt hatte, aber diese Verfolgung dauerte nicht lange, denn
in kurzer Zeit waren er und Whitchurch Hofbuchdrucker des Königs
Eduard mit speciellen Privilegien für den Druck von Kirchenbüchern.
In demselben Jahre (1539) erfolgten Verordnungen gegen diejenigen,
welche ohne specielle Erlaubniss des Königs englische Bücher ein¬
führten und verkauften, oder Bücher druckten, welche die Censur des
geheimen Rathes des Königs nicht erhalten hatten, bei Strafe des
Verlustes des Vermögens und Gefangenhaltung, solange es dem Könige
beliebe.
Auch Eduard VI. erliess 1549 ein Verbot gegen verschiedene
Bücher und Bilder, und 1553 gegen aufrührerische Schriften.
Die Königin Maria erliess 1555 eine Proclamation gegen das
Drucken oder den Besitz gottloser und aufrührerischer Schriften und
stellte dieüebertreter als Rebellen unter das Kriegsgesetz. Im Jahre 1556
wurde der Buchhändlergenossenschalt (Stationers-Company) ein Privi¬
legium verliehen, wornach sie das Recht hatte, Vorschriften, Ver¬
fügungen und Gesetze für die gute Ordnung und Leistung der Meister
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der ßuchdruckerkunst zu erlassen. Niemandem war gestattet, die Buch¬
druckerkunst auszuüben oder Bücher zu verkaufen, der nicht Mitglied
der Gesellschaft war oder die königliche Bewilligung dazu hatte. Die
Meister und Aufseher der Gesellschaft hatten das Recht, jederzeit die
Buchdruckerei-, Kupferdruckerei-, Buchbinder Werkstätten und Bücher¬
läden zu durchsuchen und alle Bücher und gedruckten Sachen, welche
gegen ein Gesetz oder eine Proclamation verstiessen, wegzunehmen
und zu eigenem Nutzen zu verwenden, Personen, welche ohne Erlaubniss
druckten oder sich der Durchsuchung widersetzten, sollten verhaftet
und drei Monate gefangen gehalten werden und 100 Schilling zahlen,
wovon die eine Hälfte der Krone, die andere der Gesellschaft gehörte.
Die Königin Elisabeth bestätigte 1559 diese Vorrechte der Buch¬
händlergenossenschaft und bestimmte, dass nichts, welcher Art und
in welcher Sprache immer, gedruckt werden dürfe, ohne besondere
Erlaubniss der Königin oder des geheimen Raths oder der Erzbischöfe
von Canterbury und York, des Bischofs von London etc. Im Jahre 1566
verordnete ein Decret der Sternkammer, dass jeder, welcher ohne
königliche Bewilligung etwas drucke, gefangen gesetzt und der Aus¬
übung des Buchdruckergewerbes verlustig werde, dass die Aufseher
der Buchhändlergenossenschaft alle Packete, Kisten, Körbe u. dgl.,
worin sich Bücher ¡befinden könnten, öffnen und durchsuchen sollten
und dass jeder Buchdrucker Bürgschaft leiste, alle Verordnungen
gehörig zu befolgen, alle Strafen zu zahlen und die Aufseher zu unter¬
stützen. 1583 erfolgte eine Proclamation gegen aufrührerische und
schismatische Schriften. Das härteste Gesetz gegen die Buchdrucker
erliess die „Good Queen Bess“ im Jahre 1585: alle Drucker sollten
bei der Buchhändlergenossenschaft eingeschrieben sein, keine Presse
ausserhalb London sollte bestehen, mit Ausnahme einer zu Cambridge
und einer zu Oxford, keine neue Druckerei solle eröffnet werden, bis
„die übergrosse Menge der Buchdruckereien“ soweit gemindert sei,
als der Erzbischof von Canterbury oder der Bischof von London es
als genügend erachteten, kein Buch ohne Erlaubniss des genannten
Erzbischofs oder Bischofs gedruckt werden, bei 6 Monate Gefängniss,
niemand dürfe etwas drucken gegen die bestehenden Gesetze, alle
Buchdruckereien sollten der Durchsuchung der Aufseher der Buch-