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Begünstigung der Buchdruckerkunst in Deutschland.
Buchdruckerkunst das Entstehen einer neuen Schriftart, zu der ein
ihm zu Ehren gedrucktes Werk, der „Theuerdank“, den Anstoss
gegeben hatte. Karl V. hielt sich wenig in Deutschland auf, dessen
Sprache er nicht verstand und Kaiser Ferdinand I. war meist durch
die Türkenkriege beschäftigt.
Die deutschen Reichsfürsten waren theils von theologischen, theils
von politischen Fragen in Anspruch genommen, die protestantischen
beförderten die Buchdruckerkunst am meisten, da für die neue Lehre
neue Bücher gehörten und die Religion Hofsache war. Am meisten
gedieh die Buchdruckerkunst in den Universitäts- und Reichsstädten.
Welchen Einfluss die neu errichtete Universität Wittenberg nahm,
haben wir bereits oben gesehen, ausserdem entstanden Universitäten
in Jena, Heidelberg, Tübingen, deren Gelehrte eine grosse Anzahl
wissenschaftlicher Werke, insbesondere Ausgaben von Classikern zu
tage förderten. Endlich boten die Reichsstädte, welche sich damals,
wo sie noch die Schätze des Orients vom Mittelmeer nach dem
Norden beförderten, in der Blüthe des Handels befanden, einen guten
Markt für Buchhändler und Buchdrucker, und auf diesen Umständen
beruht die weite und intensive Verbreitung der Buchdruckerkunst in
Deutschland, das in diesem Jahrhundert wohl ebensoviel Pressen im
Gange hatte, als die übrigen Länder zusammengenommen.
Die kaiserlichen Behörden wendeten ihre Aufmerksamkeit vor¬
wiegend darauf, dass kein Buch ohne kaiserliches Privilegium erschien;
ein solches war jedoch keine Auszeichnung, sondern nur eine Ein¬
nahmsquelle für den Fiscus, indem für jedes Buch eine Taxe erlegt
wurde, wofür dasselbe auf einige Jahre vor Nachdruck geschützt wurde.
In den Vierziger-Jahren fertigten sich die beiden Buchdrucker
Balthasar Beck und Walther Reyff in Strassburg sogar selbst ein
kaiserliches Privilegium an, indem sie ein altes Privilegium auf neues
Pergament copirten und mit einem Joachimsthaler siegelten. Das Archiv
für Geschichte des deutschen Buchhandels bemerkt dazu, dass diese
Fälscher Nachahmer, respective Vorgänger gehabt haben dürften,112
sowie, dass trotz aller kaiserlichen Privilegien die einzelnen nie genügend
in ihren Rechten geschützt worden seien. Unstreitig habe Weller
Recht, wenn er behaupte, dass ohne den in ausgedehntester Weise
Nachdruck.
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getriebenen Nachdruck die Reformation nicht so schnelle und grosse
Verbreitung gefunden hätte. Die übliche Form, mit welcher man den
Nachdruck entschuldigte, war, dass man vorgab, an dem Buche etwas
gebessert zu haben; man machte unbedeutende Zusätze, liess einiges
weg, wählte einen anderen Titel, druckte vielleicht mit einer kleineren
oder grösseren Schrift und — das neue Werk war fertig. Vergeblich
donnerte Luther in seiner Vorrede zu der verbesserten Ausgabe der
Auslegung der Episteln und Evangelien 1525 : „Was soll das sein,
meine lieben Buchdruckerherren! Dass einer dem anderen so öffentlich
raubet und stiehlt das Seine und untereinander euch verderbet? Seid
ihr nun auch Strassenräuber und Diebe geworden? Oder meinet ihr,
dass Gott euch segnen und ernähren wird durch solch böse Tücke
und Stücke?“ In seiner Mahnung an die Drucker sagt er von den
Nachdruckern: „Haben auch die Kunst gelernt, dass sie Wittenberg
oben auf etliche Bücher drucken, die zu Wittenberg nie gemacht, noch
gewesen sind. Das sind ja Bubenstücke, den gemeinen Mann zu
betrügen.“ Unter dem 26. September 1525 schrieb derselbe an den
Rath zu Nürnberg: „Ich füge E. W. klagend zu wissen, wie dass unsern
Druckern allhie ettliche Sextern der Postillen, so noch im Druck gelegen,
heimlich entzogen und gestohlen sind, wohl über die Helft des Buchs
und in Euer löbliche Stadt bracht, und mit Eile nachgedruckt, ver¬
kauft, ehe dann unsers vollendet... nun auch weiter darauf lauren, so
dass sie das andere und übrige kriegen, auch bestellet haben in der
Eil nachzudrucken.“ Luther musste sich gefallen lassen, dass dieselbe
Lässigkeit der Polizei, welche der Verbreitung seiner verbotenen
Bücher zu statten kam, auch den Nachdruck derselben nicht hinderte.
Anderer Natur waren die Privilegien, mit welchen einzelne
Fürsten Buchdrucker für ihre Hauptstädte zu gewinnen suchten. Ein
solches, welches der Bischof von Würzburg 1578 dem Heinrich von
Ach ausstellte, lautet in hochdeutscher Umschrift: „Wir Julius von
Gottes Gnaden, Bischof zu Würzburg und Herzog zu Franken bekennen
öffentlich mit diesem Brief und thun kund allermänniglich, dass wir
zur Mehrung des Gottesdienstes, auch unseren Stiften, Kirchen und
gemeiner Priesterschaft zu Nutzen und Guten unseren lieben getreuen
Heinrich von Ach von heute, dato dieses Briefes, auf unser und unserer