236
Opposition gegen die Böeherverbote
Buchdrucker erklärte, dass ihr Gewerbe ganz darniederliege und wenn
das in die Länge so bleiben sollte, würden sie um Haus, Hof und all
ihre Nahrung kommen, weil sie nichts neues, das zu Wittenberg oder
sonst erschienen, hier drucken und verkaufen dürften. (Wittenberg
gehörte zu Kursachsen, wo Luther geschützt wurde, Leipzig zum
Herzogthum Sachsen, dessenLandesfürst, Georg, Luthers Gegner war.)
Denn was man gerne kaufe und wonach die Frage sei, das dürften sie
nicht haben noch verkaufen, was sie aber in grossen Haufen hei sich
liegen hätten (Stöckel hatte die Schriften des Hieronymus Emser gegen
Luthers Neues Testament gedruckt oder drucken müssen), dessen
begehre niemand, auch wenn sie es umsonst geben wollten, und wie¬
wohl sie bisher dem fürstlichen Gebot gehorsam gewesen seien, so
druckten es doch andere zu Wittenberg, Zwickau, Grimma, Eilenburg,
Jena und an anderen umliegenden Orten und werde es heimlich unter
die Leute gebracht, wodurch der Gewinn ihnen entzogen und Fremden
zugewendet würde, die ihn gerne nähmen, daher würden die Drucker,
Setzer und andere ihrer Diener, von denen sich viele bisher durch
diesen Handel ernährt hätten, im Grunde verderben und mit ihren
Kindern Noth leiden, wie auch etliche bereits gezwungen seien, um
Taglohn auf der Mauer zu arbeiten und so würde der Buchhandel
dadurch ganz von hinnen gewendet.110
Auch der Buchdrucker Froben in Basel gestand in einem Briefe
vom 14. Februar 1519, dass er mit keinem Buche so gute Geschäfte
gemacht habe, als mit Luthers Schriften. „Ueberhaupt,“ sagt unser
Gewährsmann,111 „waren die Schriften der Reformatoren wahre Gold¬
gruben für einen grossen Theil der Buchdrucker, da sie von Gross und
Klein, Alt und Jung, Freunden und Feinden gekauft und gelesen
wurden.“ Trotzdem gab Froben aufZureden des berühmten Erasmus
von Rotterdam, der ihm zu Gefallen nach Basel gekommen war, den
Druck der LuTHERschen Schriften auf und überliess den daraus zu
ziehenden Nutzen seinem ehemaligen Studiengenossen Adam Petri,
der damit viel Geld gewann.
In den deutschen Reichsgesetzen erscheinen die den Buchdruck
betreffenden Verordnungen zuerst im Nürnberger Reichsabschiede
vom Jahre 1524, wo es im §. 28 heisst: „dass eine jede Obrigkeit bei
Presspolizei in Deutschland.
237
ihren Druckereien und sonst allenthalben nothdürftig Einsehens haben
solle, damit Schmachschriften und Gemälde hinfür gänzlich abgethan
werden. “
Der Rath zu Strassburg beeilte sich, dieser Verordnung nachzu¬
kommen, und erliess im selben Jahre ein Mandat, dass jeder, der etwas
drucken lassen wolle, verpflichtet sei, es zuvor der Kanzlei zu unter¬
breiten und den Entscheid abzuwarten; aber diese Verordnung wurde
wenig befolgt, ln Nürnberg wurden dagegen die Gesellen des Buch-
führers (Buchhändlers) Johann Herrgott, welche heimlich für einen
fremden Buchführer Namens Mellerstadt eine Schrift Thomas Münzers
gedruckt hatten, sowie der Auftraggeber, mit Gefängniss bestraft.
Herrgott selbst wurde im selben Jahre wegen Pressdelicten in Leipzig
enthauptet. Doch kamen in Deutschland weniger Verfolgungen der
Buchdrucker und Buchhändler vor, als in anderen Ländern, trotz¬
dem Deutschland der Herd der religiösen Aufregung des XVI. Jahr¬
hunderts war.
Im Jahre 1527 veraulasste der Nürnberger Magistrat, dass auf
der Frankfurter Messe eine Schrift von Andreas Osiander und Hans
Sachs aufgekauft und dem Drucker Hans Goldenmund die conflscirten
600 Exemplare mit 12 Gulden bezahlt wurden.
Der Reichsabschied zu Speyer 1529 verordnete, dass Schmäh¬
schriften weder öffentlich noch heimlich gedichtet (verfasst), gedruckt,
zu kaufen feilgetragen oder ausgelegt werden dürften, und dass, wer
ferner etwas dichten, drucken oder feilhaben wollte, es zuvor der von
der Obrigkeit dazu verordneten Person vorlegen solle u. s. w.
Im Reichsabschied von Augsburg 1530 wurde die für die Form
der Bücher wichtige Anordnung getroffen, dass in den Büchern des
Druckers Name und Zuname, sowie die Stadt, wo das Buch gedruckt
wurde, angegeben werden sollten. (Diese Anordnung hatte zur Folge,
dass fortan nur solche Bücher ohne Namen des Druckers erschienen,
deren Verfasser und Drucker die Verantwortung fürchteten, sie veran-
lasste auch die spätere Form der Büchertitel.) Ferner wurde bestimmt,
dass Pressdelicte an Leib und Gut gestraft werden sollten, falls sich
aber eine Obrigkeit hierin als lässig erwiese, so solle der kaiserliche
Fiscal gegen dieselbe einschreiten.