228
Druckfehler.
Schriften nahmen, liessen sich herbei, die Handschrift vor dem Drucke
durchzusehen und von Fehlern zu reinigen, sie waren in diesem Falle
weniger Correctoren als vielmehr Editoren, die eigentlichen Correcturen
wurden von den Druckereileitern gelesen und Lacroix führt den fran¬
zösischen Ausdruck für Factoren: protes, auf крштос zurück, weil sie, wie
er meint, die ersten Correcturen zu lesen hatten.97 Die Aufmerksamkeit,
welche der Correctur zugewendet wurde, war eine verschiedene. Nach
Fischer98 druckte Ulrich Zell ein Buch wegen einiger Druckfehler um,
dagegen entschuldigte Gabriel Peter zu Venedig sich in seinem 1478
erschienenen Juvenal mit den Worten: „Leser, nimm keinen Anstoss
an den Druckfehlern, welche die Sorglosigkeit der Arbeiter verschuldet
hat, denn wir können nicht auf alle Umstände acht geben.“99 Der
älteste auffallende Druckfehler ist das Wort Spalmarmi in der Schluss¬
schrift des ScHöFFERSchen Psalters von 1457, welcher Fehler nicht aus
einer zufälligen Versetzung entstanden ist, da pu eine Ligatur ist; in
SchöffersBibel von 1462 findet man auf Tafel IV in demWorte amicicie
ein i mit Tinte eingeschrieben. Bekannt sind die vielen Fehler in den
gedruckten Jahreszahlen, welche eine grosse Verwirrung angerichtet
haben; so findet man 1083 statt 1483, 1390 statt 1490, Antwerpen
(Gerhard Leeu), Köln (Joh. Koelhof) und Venedig (Nik. Jenson), 1400,
Basel 1444 statt 1494 (d. h. MCCGCXL1V statt MGCCCXC1V), Speyer
1446 statt 1496, Venedig (Decorpuellarum apud Nik. Jenson) 1461 statt
1471 (LXI für LXX1), woraus man auf eine frühere Einführung der
Buchdruckerkunst in Venedig schliessen wollte, während doch Johann
von Speyer 1469 ein ausschliesslichesPrivilegium erhielt; 1565 statt 1495
(MCCCCLCXV statt MGCGGXCV), 1508 statt 1498 (MCCCCICVIII,
das I sollte ein X sein).100 Auch bei Seitenzahlen kamen solche Fehler
vor, z. B. in Vérards Merlin CCXXIII statt CXXI1I, ich erinnere ferner
daran, was oben (S. 224) über die Schreibung des Wortes feuillet für
Beispiele gebracht wurden. Ein Verzeichniss von Druckfehlern, welches
zwei Folioseiten umfasste, brachte Ratdolt 1477.
Durch den Buchdruck gewann der Buchhandel einen mächtigen
Aufschwung. Buchhändler wurden zu Buchdruckern, und umgekehrt
Buchdrucker zu Buchhändlern. Ob Gutenberg auch Buchhandel trieb,
ist nicht bekannt. Fust begab sich 1466 nach Paris, um daselbst die
Buchhandel.
229
Bücher seiner Druckerei zu verkaufen. Alles, was über die Vorgänge
zu Paris zu dieser Zeit gefabelt wird, dass Fust seine Bücher als
Handschriften ausgegeben habe, ist unwahrscheinlich, im Gegentheil
scheint er seine Firma auf die Bücher gedruckt zu haben, um das
Recht zu erhalten, neben den zünftigen Buchhändlern dieselben ver¬
kaufen zu dürfen, da jeder Gewerbsmann seine Waaren im Orte der
Erzeugung und auswärts feilhaben konnte. Nach seinem Tode (1466)
kehrte sein Bücherlager gewiss nicht nach Mainz zurück, da die Hinter¬
lassenschaft Fremder nach einem alten Gesetze (Droit d’aubaine) dem
Könige gehörte (s. S. 182), und es ist eine unbegründete Vermuthung,
wenn man, wie Schaab,101 annimmt, dass Schöffer nach Fusts Tode
jemand nach Paris geschickt habe, um das Bücherlager zu übernehmen.
Gleichwohl war Paris eine so wichtige Buchhandelstätte, dass Schöffer
nach Fusts Tode’ und trotz der Confiscirung des dortigen Wäaren-
lagers später wieder einen Factor in Paris, Namens Hermann von
Stathoen, hatte, der 1474 starb. Als diesmal wieder das Droit d’aubaine
auf das Bücherlager angewendet wurde, protestirten Peter Schöffer
und Konrad Henlief, in den französischen Urkunden Hanequis genannt,
den man für einen Sohn Fusts (Henlief oder Henchen = Johanns Sohn)
hält, dagegen, da das Bücherlager nicht des Factors Eigenthum war;
sie verschafften sich Empfehlungsschreiben vom Kaiser Friedrich III.
und vom Kurfürsten von Mainz und erwirkten damit in Paris, dass der
König, nachdem die Bücher bereits verkauft waren, ihnen eine Ent¬
schädigung von 2425 Goldthalern (Lambinet berechnet obige Summe
auf 11.000 Livres) bewilligte, welche ihnen vom 1. October 1475 an in
jährlichen Raten von 800 Livres ausgezahlt werden sollte. Diese
beiden strengten im Jahre 1480 eine Klage wegen gelieferter Bücher
gegen einen Bürger von Lübeck, Namens Hans Bitz, oder vielmehr,
wie es scheint, gegen dessen Erben an, da dessen Witwe und der Vor¬
mund seiner Kinder darüber vernommen wurden.
Bezüglich der übrigen Buchdrucker habe ich schon oben (S. 147)
darauf hingewiesen, dass zur Errichtung einer Buchdruckerei mehr
Capital als fachmännische Kenntniss gehörte, da Gehilfen, welche
letztere besassen, stets zu haben waren. Wenn wir nun gesehen haben,
dass Gelehrte Buchdruckereien errichteten, so war es doch sehr nahe-