226 Kupferstich. Titel'.
•sich fortgeerbt hat. Im Gegensatz zu Д érards Mi erk schliesst hier der
schöne Zierat auch einen typographisch schönen Text ein.
Diejenigen Leser, welche sich für derlei Verzierungen interessiren,
verweise ich auf das ausführliche prachtvolle Werk von A. F. Butsch:
Die Bücherornamentik der Renaissance, Leipzig 1878-
Der Kupferstich wurde im XV. Jahrhundert noch wenig zum
Bücherschmuck verwendet. Sweynheym stach die Tafeln zum Ptolemäus.
welche nach seinem Tode ein anderer deutscher Kupferstecher, Arnold
Bucking, 1478 vollendete, doch sind die in Deutschland später er¬
schienenen Ptolemäus-Ausgaben mit Holzschnittkarten versehen. In
Nicholas di Lorenzos Monte Santo di Dio 1475 kamen Kupferstiche zu
Illustrationen in Anwendung; auch dieser Nicholas war trotz seines
italienischen Namens ein aus Breslau gebürtiger Deutscher.98 Wie
bereits oben (S. 192) bemerkt, druckte Georg Reiser in Würzburg das
bischöfliche Wappen auf dem Brevier mit der Kupferdruckpresse.
Titel hatten die ersten gedruckten Bücher nicht. Wie die Tafeln
und sonstigen hier abgedruckten Buchanfänge zeigen, begann ein
lateinisches Werk mit den Worten: Incipit liber (es beginnt das Buch),
ein deutsches mit den Worten: Hie beyynnet, ein französisches: С y com¬
mence le livre. Am Ende des Buches wurde oft in einer Schlussschrift
(Kolophon) der Drucker, der Órt des Drucks und das Jahr genannt,
manchmal in spitzzulaufenden Zeilen =r, wobei aber die Wörter
gewaltthätig getheilt wurden, so dass also keine Kunst dazu gehörte,
eine solche „Spitzcolumne“ herzustellen.
Die erste Bibel, welche einen Titel trägt, ist vom Jahre 1486, der
Titel lautet nur: TextusBiblie, in dem Exemplar derWienerHofbibliothek
ist diese Zeile mittelst eines besonderen Papierstreifens aufgeklebt.
1489 erscheint bereits ein längerer Titel:
Biblia cum concordanti
is : et terminorü hebraico-
rum interpretationibus.
1491: Biblia cum Concordantijs
Ueteris etNoui testamenti.
1492 erschien zu Venedig bei Hieronymus de Paganini aus Brixen eine
Bibel mit dem Titel: Biblia und dem Bilde des Apostels Petrus mit
Titel, Signaturen etc.
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dem Schlüssel. 1494 druckte Simon Bivilaqua zu Venedig eine Bibel mit
dem Titel:
BIBLIA CVM TABVLA NOVITER EDITA
und seiner Insignie. 1496 druckte Froben auf seine Bibel den Titel:
Biblia integra: summata: di
stincta: accuratius reemeda-
ta:vtriuscß testamenti concor¬
dantijs illustrata.
Titel in unserem Sinne mit Angabe des Hauptinhalts, des Verfassers.
Herausgebers, Buchhändlers und Druckers, sowie der Jahreszahl, wurden
erst durch die Pressgesetze des folgenden Jahrhunderts hervorgerufen.
Was die Signaturen, Gustoden, Seitenzahlen u. s.w. betrifft, so
ist schon oben (S. 137) bemerkt worden, dass dieselben nicht von den
Buchdruckern erfunden sind, sondern den Handschriften nachgemacht
wurden; es ist daher sehr gleichgiltig, ob Zaroto in Mailand 1470 oder
Johann.Koelhof in Köln 1472 die Signaturen zuerst anwendete, d. h. sie
statt unten an denRand zu schreiben,unmittelbar unter denText setzte,
ob Wendelin von Speyer 1470 zuerst Gustoden (Wächter, das waren
die unten an dieColumnen gesetzten ersten Silben der folgenden Seite),
ob Arnold ter Hoernen zu Köln 1471 zuerst Blattzahlen druckte, oder
ob die ersten gedruckten Marginalien in dem von Fust 1466 gedruckten
Werke Augustins De arte predicandi zu finden sind. Ebenso sind Vor¬
reden und Inhaltsverzeichnisse schon in den Handschriften enthalten,
und es ist nur sonderbar, dass, während die 36zeilige Bibel schon
geschriebene Seitenzahlen hat, man sich noch lange abmühte, Inhalts¬
verzeichnisse mit den Ziffern der Signaturen herzustellen. Die fabriks-
mässige Herstellung der Bücher in der Druckerei strebte nach Ordnung
und Regelung und führte diese allmählich herbei.
Die Fehler haben sich nach der Erfindung der Buchdruckerkunst
nur umgewandelt, aus Schreibfehlern wurden Druckfehler, aber wenn
die Buchdrucker Fehler in die Bücher hineinbrachten, so haben sie
andererseits auch viele Fehler aus den Handschriften entfernt. Gerade
die Möglichkeit, ein Buch gleichmässig in Hunderten und Tausenden
von Exemplaren herstellen zu können, führte eine grössere Reinheit der
Texte herbei. Gelehrte, welche Interesse an der Reproduction der alten