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Hebräische Lettern.
um sie ein breiter leerer Raum ist, der jedenfalls ausgemalt werden
sollte. Die Typen sind sehr gut geschnitten, nur ist die Farbe schwach
und grau. Der Verfasser dieses Buches, der fälschlich als Jarchi in
den Bibliographien vorkommt, lebte im XI. Jahrhundert und war der
Stifter der rabbinischen Literatur, abgekürzt hat sein Name der
rabbinischen Schrift den Namen Raschi gegeben.
In diesem Werke ist der Text ohne Vokale und war daher leicht
herzustellen, allein schon die hebräische Bibel, welche zu Soncino
(einem Städtchen in der Lombardei) 1488 gedruckt wurde, hat unter¬
gesetzte Vokale und Lesezeichen auf Nonpareille- oder einen vielleicht
noch kleineren Kegel. Diese Bibel bietet manches typographische
Interesse durch die regellose Art der Ausstattung. So ist auf der ersten
Seite das Wort n’tivS'm mit verzierten Buchstaben gedruckt und mit
einer Einfassung umgeben, bei anderen Büchern fehlt die Einfassung
und ist nur ein leerer Raum vorhanden, manches Buch fängt ohne
Ueberschrift an, dagegen ist das Buch Josuah mit herrlichen Floren¬
tiner Randleisten, weiss auf schwarzem Grunde, umgeben, wie bei
anderen Büchern nur die erste, respective Titelseite, verziert ist.
Von dem Eifer, mit dem die Juden die neue Erfindung pflegten,
ist bereits im vorigen Abschnitte gesprochen worden, es ist daher
unnöthig, weitere hebräische Werke hier anzuführen.
Gegossene Musiknoten, und seien es auch die eckigen Choral¬
typen, habe ich in keinem Werke des XV. Jahrhunderts gefunden, ich
fand in musikalischen Werken nur leere Räume, um die Noten hinein¬
zuschreiben, oder Holzschnitte. Ich glaube auch nicht, dass die Giess¬
instrumente damals so verbessert waren, um halbwegs anschliessende
Typen mit Notenlinien giessen zu können.
Die Holzschnitte sind älter als der Bücherdruck und sie fanden
namentlich in Unterhaltungswerken viel Anwendung. Im allgemeinen
sind die Holzschnitte des XV. Jahrhunderts roh in der Ausführung,
nur die von Pigouchet (Nr. 72) zeigen eine feine Ausführung, sie sind
jedenfalls auf Buchsbaumholz geschnitten, welches nach dem Zeugnisse
des Lyoner Buchdruckers Trechsel schon damals in Brauch war. Den¬
noch kann man nicht von einer überlegenen französischen Technik
sprechen, da andere französische Bücher in Bezug auf Rohheit des
Holzschnitte.
Holzschnittes den deutschen, holländischen und englischen nicht nach¬
stehen. Dass man aus Mangel historischer Kenntnisse in allen Bildern
Trachten und Häuser des europäischen Mittelalters beibehielt, braucht
wohl kaum besonders erwähnt zu werden, die Gemälde berühmter
Meister in unseren Bildergalerien zeugen davon. Die griechische Antike
war gleichfalls wenig bekannt, aber die Vorliebe für die Nacktheit war
auch ohne die Griechen vorhanden, sie äusserte sich in den häufigen
Bildern von Adam und Eva, zuweilen in einem Realismus, der heutzu¬
tagepolizeiwidrig wäre. Ebenso war dieBeäugelung derBATHSEBAdurch
David ein gern gemaltes Bild; charakteristisch ist z. B., dass in einem
deutschen Bilde die angekleidete Bathseba die Füsse wäscht, während
sie in einem französischen Bilde nackt in einem Badebecken sitzt, wo
ihr eine Dienerin einen Spiegel vorhält. Am meisten macht sich der
Cultus der Hässlichkeit in den zahlreichen Teufelsfratzen breit.
Durch die Anwendung von Holzschnitten zeichneten sich aus:
Albrecht Pfister in Bamberg, Günther Zainer in Augsburg, Johann
Zainer in Ulm, Johann Bämler in Augsburg, Heinrich Quentell in Köln,
Anton Koberger in Nürnberg, Ludwig LIohenwang und Leonhard Hol
in Ulm, Bartholomäus Gothan in Lübeck, Martin Schott in Strass¬
burg, Hans Schönsperger in Augsburg, Antoine Vérard und Simon
Vostre, respective Pigouchet, in Paris. Koberger, der anfangs dieBilder
zu seiner Bibel von Quentell in Köln entlehnen oder kaufen musste,
lief mit seinen illustrirten Werken später eine Xylographenschule in
Nürnberg ins Leben, an deren Spitze Michael Wolgemuth, der Lehrer
Dürers, und Wilhelm Pleydenwurf standen.
Eine Eigenthümlichkeit mancher dieser illustrirten Bücher bietet
die Wiederholung der Holzschnitte in einer Weise, welche von einer
grossen Anspruchslosigkeit der Leser zeugte. Die 25 Illustrationen,
welche sich in dem von Sebastian Pfister 1470 gedruckten „goldenen
Throne“ befinden, bestehen aus nur zwei verschiedenen Darstellungen,
die eine zeigt einen links sitzenden Geistlichen, vor welchem ein Prinz
kniet, die andere denselben Geistlichen rechts vor dem knienden Prinzen
sitzend; jedem der 24 Abschnitte ist eines dieser beiden Bilder vor¬
gedruckt, aber in willkürlicher Folge; setzen wir für das erste a, für das
zweite b, so folgen: auf Blatt 2 a, 4 a, 7 b, 10 b, 13 a, 16 a, 20 a u.s.w.