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Spanische und italienische Schriften.
Vorstriche findet man auch bei Schönsperger in Augsburg (Nr. 57,
S. 206). Eigenthümlich sind nur die hochgeschossenen v und w, welche
mit dem b grosse Aehnlichkeit haben.
Die altspanische Typenform, von welcher Falkenstein eine aus
Dibdins Bibliotheca Spenceriana entlehnte Schriftprobe des Missale
Mozarabes gibt, ist nichts anderes, als die vergrösserte ScHÖFFERSche
halbgothische Bibeltype (1462), die man auch in deutschen Hand¬
schriften des XVI. Jahrhunderts trifft.
In Italien druckte Erhard Ratdolt zu Venedig mit derselben
gothischen Type, welche in Deutschland gebraucht wurde, Numeister
in Foligno mit den Typen der GuTENBERGschen 42zeiligen Bibel, Falken-
stein gibt eine Probe des von Aldus Manutius für den Dominicaner¬
orden bestimmten Messbuches, welche, wie die vorhin erwähnte alt¬
spanische Type, identisch mit den Buchstaben deutscher Handschriften
und Werke ist. Man kann also von keiner italienischen Schrift reden.
In allen europäischen Ländern, wo die lateinische Sprache
herrschte, hatte sich in den scholastischen und liturgischen Schriften
dieselbe Type verbreitet; in der Schreibschrift hatten die Buchstaben
mit Oberlängen Schleifen erhalten, die kleinen Buchstaben wurden
einfach gerade oder linksschräg geschrieben, nationale Schriften ent¬
wickelten sich erst nach der Erfindung der Buchdruckerkunst.
Eine internationale Schrift war auch die römische oder die
Minuskelschrift des XI. Jahrhunderts, welche sich in älteren Hand¬
schriften erhalten hatte und zu deren Gapitalbuchstaben die Majuskel
der römischen Inschriften verwendet wurde. Manche Gelehrte zogen
dieselbe der eckigen gothischen Form vor. Ip den alten italienischen
Schriftproben heisst sie Lettera Antiqua tonda, weil sie gegen die halb¬
gothische langgezogene Schrift mehr rund war. Zum Schreiben wurde
sie für schwerer gehalten und Taglierte, ein Schreibmeister zu
Venedig, sagt 1545 von ihr: La Lettera Antiqua tonda, rechiede grande
ingegno di misura et arte (erfordert viel Verstand in Bezug auf Messung
und Kunst) und man kann auch an seinem Muster weder jENsoNsche
Schönheit noch Kunst erkennen. In Italien hat sie den Namen Antico
behalten, in Deutschland wird sie Antiqua genannt, in Holland Romegn,
in England Roman, in Frankreich Romain oder Droit, weil sie gerade steht.92
Antiqualettern. 211
Als Sweynheym und Pannartz zu Subiaco 1465 den Lactantius
druckten, folgten sie in der Bildung der Typen unzweifelhaft der Hand¬
schrift; dass diese Schrift damals auch geschrieben wurde, zeigt die
Handschrift des Rubricators, nämlich die ersten 4 Zeilen in Nr. 63.
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Nr. 63. Der Anfang dos Lactantius, gedruckt von Sweynheym und Pannartz 1465 zu Subiaco.
(Nach Humphreys.)
Eine schönere und reinereForm zeigt ihre gedruckteBibel,von der
Nr. 64 ein verkleinertes Facsimile gibt, da diese Bibel nicht in Spalten,
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Nr. 64. Schriftprobe und Alphabet der Bibeltype von Sweynheym und Pannartz in Rom.
(Facsimile verkleinert nach dem Original.)
sondern in der ganzen Breite des Formats gesetzt war, und ich, um die
Probe nicht quer stellen zu müssen, eine Verkleinerung auf Formatbreite
vorzog, da es sich doch nur um den Charakter der Schrift handelt. Um
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