188
1474—1475.
Im Jahre 1474 erscheint in Deutschland als neuer Druckort nur
das Kloster der „Brüder vom gemeinsamen Leben“ zu Marienthal im
Rheingau, welches die Druckerei Gutenbergs von den Bechtermünze
erworben haben soll.
In Italien wurde die Buchdruckerkunst zu Vicenza, Como,
Genua, Turin und Savona eingeführt, aber selbst in dem grossen
Genua erschien nichts von Bedeutung.
In dieses Jahr fällt auch die Einführung der Buchdruckerkunst in
Spanien. Das erste Werk in diesem Lande wurde zu Valencia von
einem unbekannten Drucker gedruckt. In der ebenfalls zu Valencia
1475 erschienenen Bibel in limusinisclier Mundart nennen sich als
Drucker Alfonso Fernandez Cordova und Lambert Pelmart, oder,
wie ihn die Spanier schreiben, Palomar, ein Deutscher. Der letztere
druckte bis 1494, der Name des ersteren kommt auf keinem anderen
Werke vor. Ausserdem druckten in Valencia Jacobus de Villa, Peter
Hagembach, Leonhard Hut und mehrere wandernde Buchdrucker. In
Saragossa gab 1475 Matthias Fl ander ein Werk in Folio heraus, nach
ihm druckten noch mehrere Deutsche.
In Deutschland begegnen wir als neuen Druckstätten: Breslau,
wo Konrad Elyan 1475 druckte, doch kennt man von ihm nur zwei
Werke und sonst keine Drucke bis zum XVI. Jahrhundert, Blaubeuern,
welches nur einen wandernden Buchdrucker beherbergt zu haben
scheint, Trient, wo auch nur wenige unbedeutende Drucke geliefert
wurden, und Lübeck, wohin Lucas Brandis sich von Merseburg aus
gewendet hatte, er druckte hier von 1475—1499, als erstes das Pracht¬
werk JEpithoma Historiarum. Theils mit ihm, theils allein druckte
Bartholomäus Ghotan (1480—1492), ferner Stephan Arndt, der 1475
zu Perugia in Italien, 1481 zu Pérouse in Frankreich, dann 1486 zu
Schleswig gedruckt hatte und 1487 seine Thätigkeit zu Lübeck begann,
wo er bis 1500 druckte. Die von ihm gedruckte plattdeutsche Bibel,
von welcher später ein Facsimile folgen wird, zeichnet sich durch ihren
Reichthum an Glossen aus, so steht z. B. bei den Worten „да he schall
auer Dy herscliopen“ (und er soll über dich herrschen) die Glosse „ Dy
vakene to pyneghende vTi to slade11 (dich oft zu peinigen und zu schlagen).
In Pilsen lieferte ein unbekannter Drucker von 1475 bis Ende des
1475 — 1478.
189
XV. Jahrhunderts 19 Werke; Falkenstein bemerkt, dass man wegen
der vielen offenbaren Fehler den Setzer und Drucker für einen Lehr¬
ling, den Schriftschneider und Schriftgiesser wegen der schönen Typen
für einen Meister in der Kunst halten müsse; nach den von Professor
Kor Ab veröffentlichten Proben halte ich den Drucker für einen Deut¬
schen, der mit Latein und Tschechisch nicht auf gutem Fusse stand und
dem ein tüchtiger Corrector fehlte. Die Pilsener Druckerei hat seit
jener Zeit nicht aufgehört zu drucken und befindet sich seit 1860 in
den Händen des Herrn J. Schiebl.
In Italien treten im Jahre 1475 mehrere Städte mit ephemeren
Erscheinungen auf, nur in Modena scheint die Buchdruckerkunst sich
festgesetzt zu haben. Reggio in Calabrien lieferte in diesem Jahre das
erste gedruckte hebräische Buch.
Aus Burgdorf sind zwei Drucke vorhanden, doch ist es fraglich,
ob dieser Ort der schweizerische oder das gleichnamige Städtchen im
Herzogthum Lüneburg ist.
Im Jahre 1476 fingen die „Brüder vom gemeinsamen Leben“ in
Rostock zu drucken an und druckten bis ins XVI. Jahrhundert. Neben
ihnen kommt kein anderer Drucker in dieser Zeit vor.
1477 wurden Ascoli, Lucca, Palermo von Buchdruckern besucht,
aber selbst Palermo hat nur einen einzigen Druck im XV. Jahrhundert
aufzuweisen, den ein Deutscher, Andreas von Worms dort vollführt
hat. In Spanien druckten in diesem Jahre drei Spanier, Antonio Mar¬
tinez de la Talla, Bartholomeo Segura und Alfonso del Puerto,
aber jedenfalls mit fremden Arbeitern in Sevilla bis 1482. Nach ihnen
errichteten Franzosen und Deutsche, selbst ein Pole, hier Druckereien.
Im Jahre 1500 errichtete die Inquisition eine eigene Druckerei, aus
welcher die „ Ordonances“ des Diego Deca, damaligen Grossinquisitors
von Spanien, hervorgegangen sind.
Im Jahre 1478 wurde Eichstädt, durch den thätigen Michael
Reiser, der bis 1494 druckte, und Prag, wo in diesem Jahre das
Statuum utraquisticorum articulis in Folio erschien, in den Kreis der
Druckorte einbezogen. In Italien fesselte die Papierfabrik zu Colle
einen Deutschen und einen Franzosen, während Cosenza nur durch
einen wandernden Drucker bekannt geworden ist. In Frankreich wurden