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Paris. Speyer. Bologna. Ferrara.
weglichen Güter nach ihrem Tode nicht kraft seines königlichen Rechtes
eingezogen werden, sondern dass sie darüber testamentarisch verfügen
konnten. (Letzteres war selbstverständlich, da der König nur bezüglich
der Güter der Fremden das Heimfallrecht ihrer hinterlassenen Habe
hatte.) 1477 müssen Fribcrger und Kranz aus dem Geschäfte ge¬
schieden (entweder in ihre Heimat zurückgekehrt oder gestorben) sein,
denn von 1478 an druckte Gering allein, von 1479 an mit Guillaume
Maynyal und 1484 mit Bartholomäus Remboldt. Eine zweite Druckerei
wurde 1473 von Petrus Caesaris (Peter Kaiser) errichtet, der sich
1474 mit Johann Stol verband; sie druckten bis 1479. Antoine Vérard
(1480—1500) druckte zahlreiche Bücher, namentlich Romane mit Holz¬
schnitten und stattete seine Bücher so prächtig aus, dass man darüber
leicht die Mängel seiner Typographie übersieht. Neben ihm druckten
Geoffroy de Marnef, Jean du Pré, auch de Prato oder de Pratis
(1481—1495), Antoine Caillaut und Louis Martineau (1483—1485),
Philippe Pigouchet (1484), der sich besonders durch sein schönes
Gebetbuch (Livre des heitres) auszeichnete, und andere.
Im Jahre 1471 befanden sich in Speyer zwei Druckereien, von
Peter Drach und den Brüdern Konrad und Heinrich Hist, von denen
nicht mit Sicherheit anzugeben ist, welche die erste war.
In Italien wurde in diesem Jahre die Buchdruckerkunst in mehrere
wichtige Städte eingeführt. In der Universitätsstadt Bologna druckte
Balthasar Azzoguidi (1471 —1480) mit einer schönen Antiqua, Heinrich
von Köln 1478—1485, letzterer war ein wandernder Drucker, der schon
zuvor m Brescia gearbeitet hatte, und später in Lucca, Nozani und
Urbino auftrat, ihm folgten: Heinrich von Nördlingen und Heinrich von
Harlem (1482—1485), welche später in Venedig und Siena druckten
und noch eine grosse Anzahl (nahe an 40 Typographen druckten bis zu
Ende des XV. Jahrhunderts in Bologna), unter denen Ugone Ruggeri
(1473 — 1498) der fruchtbarste war. Auch ein hebräisches Werk, der
Pentateuch, wurde 14-82 von dem jüdischen Drucker Abraham Ben
Chajim aus Pesaro hier auf Pergament gedruckt, derselbe hat später auch
in Ferrara, Mantua und Soncino schöne hebräische Drucke geliefert.
In Ferrara druckte Andreas Belfortis, ein Franzose aus Beifort
von 1471—1493, welcher 1475 das erste Werk in italienischer Sprache,.
Florenz. Neapel. Pavia. Treviso. England.
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die Teseide des Boccaccio herausgab, neben ihm wirkten noch andere
Drucker.
In Florenz war der erste Buchdrucker der Goldschmied Bernardo
Cennini, welcher bereits oben (S. 56) als Nachahmer Gutenbergs ge¬
würdigt wurde. Florenz beherbergte im XV. Jahrhundert eine stattliche
Anzahl Druckereien, von denen wir die Druckerei im Kloster Ripoli
bereits oben (S. 23) erwähnt haben, und hier noch Demetrios Chal-
condylas aus Kreta, der 1488 die erste Ausgabe des Homer druckte,
und Lorenzo von Alopa, der des Planudes ANGOAOFIA AlATOPßN
ЕПІГРAMMATßN mit griechischen Capitallettern druckte, hervorheben
wollen.
In Neapel druckte Sixtus Riessinger aus Strassburg 1471—1479.
König Ferdinand suchte ihn an Neapel dadurch zu fesseln, dass er
ihm ein Bisthum antrug, allein Riessinger verliess 1480 Neapel; er
soll später noch in Rom gedruckt haben und kehrte schliesslich nach
Strassburg zurück, wo er in ein geistliches Amt eintrat und hoch¬
betagt starb. Arnold von Brüssel (1472—1477), Matthias von Olmütz
(1475—1490) und andere druckten in Neapel, darunter auch mehrere
Juden Bücher in hebräischer Sprache.
Ein mit der Jahreszahl 1471 aufgefundenes Werk hat die Ver-
mutliung erregt, dass mit diesem Jahre die Druckerei in Pavia einge¬
führt wurde, doch laufen die hier gedruckten Bücher erst von 1476 an
fort, daher kann 1471 nur ein wandernder Drucker vorübergehenden
Aufenthalt hier genommen haben. Der erste ständige Drucker war
Antonio Garcano aus Mailand 1476—1497, neben welchem noch eine
Reihe anderer druckten.
In Treviso druckte zuerst der Flamänder Gerhard von Lisa
(1471—1498), neben ihm Manzoli (1476—1482), Lichtenstein (1477
bis 1486) und andere.
Das Jahr 1471 bezeichnet die Begründung der englischen Typo¬
graphie, obgleich das erste auf englischem Boden erschienene Buch
die Jahreszahl 1477 trägt, wie auch im Jahre 1877 in England das
vierhundertjährige Jubiläum gefeiert wurde. Der Begründer der eng¬
lischen Typographie war William Caxton, geboren 1412, gelernter
Kaufmann, und von seinem Principal 1442 als Agent nach den Nieder-