180
Schweiz. Beromünster. Basel.
Das erste ¿latirte Schweizer Buch stammt aus dem Flecken
Beromünster im Canton Luzern, wo Elias Eliä oder nach seiner
Schreibart Helias Helie, Magister der freien Künste, 1470 eine
Druckerei anlegte; er hatte zwei Gehilfen, seinen Vetter, den Caplan
Johann Dörflinger und Ulrich Gering, Magister der freien Künste,
welch letzterer noch im selben Jahre nach Paris berufen wurde. Das
erste datirte Werk aus Basel trägt wohl die Jahreszahl 1474, allein die
Gründung der Universität zu Basel im Jahre 1460 und eine alte Sage,
es sei die Kunst kurze Zeit nach der Erfindung in Basels Mauern aus¬
geübt worden, sprechen dafür, dass schon früher, vielleicht schon im
Jahre 1468 in Basel Bücher gedruckt wurden. Der erste Buchdrucker
war Berthold Rodt aus Hanau, den man für einen der ersten Gehilfen
Gutenbergs hält. Eine Notiz, welche 1468 von Josef de Vergers,
Priester der Kirche St. Hilarius zu Mainz, am Ende eines Exemplars
von St. Gregors M. Moralia in librum Job eingeschrieben ist, behauptet,
dass das Werk mit Typen des Berthold Rodt gedruckt sei und die
Typen dieser Moralia sollen identisch mit dem Repertorium Vocabula-
rium des Magisters Konrad sein, auf dessen Rückseite sich Berthold
als Drucker nennt.86 Von einer lateinischen Bibel druckte Berthold
Rodt 1475 den ersten Band, während Bernhard Richel 1476 den
zweiten Band druckte, jener dürfte daher 1475 gestorben sein. Basel
war im XV. Jahrhundert bereits eine bedeutende Druckerstadt. Von
1470—1480 sind aus den Steuerregistern allein 26 Druckerfirmen
nachzuweisen, zwischen 1480 und 1490 12, von 1490—1500 20 neue
Firmen. Hieraus ist auch zu erklären, warum die ohnehin arme Schweiz
im XV. Jahrhundert wenig Druckorte aufzuweisen vermag. Dass im
Jahre 1471 bereits mehrere Druckereien in Basel bestanden, geht aus
einem Urtheilsspruche des Rath es hervor, mit welchem ein ausge¬
brochener Strike beigelegt wurde. Darnach sollten die Knechte wieder
an ihr Werk gehen, sich in ihrem Dienst gebührlich halten und kein
Bündniss unter sich machen. Die Meister aber sollten ihre Knechte
billig (d. h. wie es sich gebührt) in Essen, Trinken und anderem halten,
und wenn die Knechte sich unbillig benähmen, sollten die Meister ihnen
Urlaub geben und ihren Lohn auszahlen, ebenso sollten die Knechte
die Freiheit haben, Urlaub zu nehmen und sich ihren Lohn auszahlen
Basel. Paris.
181
lassen, wenn von ihnen Unbilliges verlangt würde. So möge alles ehrbar
und ungefährlich entschieden werden.87 Man sieht hieraus, dass der
Streit zwischen Principalen und Gehilfen um den Lohn fast so alt wie
die Buchdruckerkunst ist, sowie, dass schon damals der Abschluss eines
Vertrages auf Jahresdauer Anlass zu Streitigkeiten gab, doch hat sich
die Semestralcondition bis zum XIX. Jahrhundert erhalten. Ausser
den vorerwähnten Rodt und Richel sind noch Michael Wenssler
1476—1487, der dann von dem Abte des berühmten Klosters Clugny
nach Frankreich berufen wurde, Johann Amerbach und Eberhard
Fromolt (1481 —1500), Hans Besicken, Peter Kolligker (1484), Niko¬
laus Kessler (von 1486), Jakob von Pfortzen (Pforzheim, von 14-88),
Michael Furter (von 1490) und Johannes Froben (von 1491 — 1527)
bekannt. Der letztere, von Hammelburg in Franken gebürtig, war anfangs
Corrector bei Amerbach und wurde später einer der bedeutendsten
Buchdrucker. Er wetteiferte mit den besten Meistern Italiens und
Frankreichs in der Herstellung eleganter Typen und schöner Werke
und liess sich von den berühmtesten Künstlern, besonders von Hans
Holbein Holzschnitte anfertigen.
Im Jahre 1470 wurde die Buchdruckerkunst in Frankreich ein¬
geführt. Ende 1469 oder anfangs 1470 liessen Guillaume Fichet, Doctor
der Theologie und Johann Heynlin von Stein bei Constanz (Jean de la
Pierre oder Lapideus), beide Professoren an der Sorbonne, Drucker aus
der Schweiz nach Paris kommen. Es waren Ulrich Gering, den wir
oben in Beromünster kennen gelernt haben, Michael Friburger von
Kolmar und Martin Crantz (Kranz). Diese erhielten Quartiere in der
Sorbonne, nahe den Zimmern Fichets und Pierres. Ihr erstes Werk war
Gasparini Pergamensis (Kaspars von Bergamo) Epistolarum opus in
Antiqualettern. Nachdem Fichet nach Rom abgereist und Johann von
Stein sich in die Karthause nach Basel zurückgezogen hatte, verliessen
die Drucker die Sorbonne und mietheten das Haus „ zur goldenen Sonne “.
Von jetzt ab druckten sie aber nicht mehr mit Antiqualettern, sondern
mit eckiger Buchschrift, die auch in Deutschland üblich war, woraus
man schliessen kann, dass dieselbe auch in Frankreich populärer war.
Nach Dupont88 verlieh ihnen König Ludwig XI. das französische Staats¬
bürgerrecht und bestimmte, dass alle ihre beweglichen und unbe-