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Nürnberg. KOBERGER.
Ratdolt, welchen wir in Venedig kennen gelernt haben, druckte in
Augsburg noch von 1487 — 1516. Von Hans Schönsperger, der
1481 — 1523 druckte, werden wir noch im folgenden Jahrhundert zu
sprechen haben.
In Nürnberg wurde die Buchdruckerkunst von Johann Sensen-
schmid eingeführt, der 1470—1478 druckte und sich dann nach Bam¬
berg begab. Als Gehilfen hatte er Heinrich Kefer aus Mainz, einen
Schüler Gutenbergs, später verband er sich mit dem gelehrten Frisner,
welcher die Buchdruckerkunst in Leipzig einführte. Johannes Müller
von Königsberg in Franken, der sich nach seinem Geburtsorte Johannes
Regiomontanus nannte, einer- der grössten Mathematiker seines Jahr¬
hunderts, kam 1471 nach Nürnberg in der Absicht, eine eigene
Druckerei für die Herausgabe seiner Werke zu errichten, anfangs fand
er Hindernisse, bis Bernhard Walther oder Welter die Kosten, wie
zu seinen Erfindungen, so auch zur Buchdruckerei vorschoss. Hier
druckte er zuerst von Holztaleln den deutschen und lateinischen
Kalender, dann mit Typen mehrere mathematische Werke, bis er vom
Papst Sixtus IV. wegen der Kalenderreform nach Rom und später auf
den bischöflichen Stuhl zu Regensburg berufen wurde. Es kann wohl
nicht angenommen werden, dass Müller ein gelernter Buchdrucker
war, er wird sich jedenfalls auf die Leitung der Arbeiten seiner Ge¬
hilfen beschränkt haben. Der bedeutendste Buchdrucker Nürnbergs, der
grösste Buchhändler seiner Zeit, war Anton Koberger (14/3 1513),
über welchen wir durch seinen Zeitgenossen Johann Neudörfer inter¬
essante Nachrichten haben. In seiner Werkstätte waren 24 Pressen im
Gange und über hundert „Gesellen“ als: Setzer, Correctoren, Drucker,
Buchbinder,Posselirer und Illuministen beschäftigt. Die patriarchalische
Sitte jener Zeit, wornach der Principal seine Gehilfen und Lehrlinge
selbst beköstigte, konnte in diesem für die damalige Zeit grossartigen
Geschäfte nicht beibehalten werden, seine Druckstätte war eine Fabrik;
die Arbeiter hatten sich zur bestimmten Stunde vor dem Druckhause
zu versammeln, mit dem Glockenschlage wurde die Pforte geöffnet und
ein Zuspätkommen nicht geduldet. Jedenfalls mag er seine Leute gut
gezahlt haben, denn mit der Ungebundenheit der akademischen Frei¬
heit, der sich die Buchdrucker damals erfreuten und die sie bean¬
Nürnberg. Foligno. Trevia. Verona.
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spruchten, war dieser Zwang schwer zu vereinbaren und Buchdrucker¬
gehilfen waren damals noch gesuchte Leute. Auch seine Werke lassen
erkennen, dass Koberger keine Kosten scheute, die ersten Künstler
der damaligen Zeit wurden für die Herstellung der Holzschnitte ver¬
wendet und Koberger ist dadurch indirect der Gründer der später so
berühmten Nürnberger Holzschnittschule geworden. Sein „Schatz¬
halter“ und seine Nürnberger Chronik sind Prachtwerke. Zum Vertrieb
seiner Bücher hatte er 16 Läden, in Nürnberg, Frankfurt am Main,
Venedig, Hamburg, Ulm, Augsburg, Basel, Erfurt, Wien und anderen
Orten mit besonderen Factoren errichtet, er führte eine geregelte Buch¬
haltung, welche ihn befähigte, jederzeit den Stand des riesigen Geschäfts
zu übersehen, und von dem Magazin, wo Bücher vorräthig waren,
solche dorthin zu schicken, wo daran Mangel war. Selbst seine grosse
Druckerei genügte nicht für seine buchhändlerische Thätigkeit, er liess
daher auch zu Basel bei Amerbach, zu Lyon bei Sacon und in
anderen Druckereien Bücher auf seine Kosten drucken. Auch sonst
war er gesegnet, von zwei Frauen hatte er 25 (nach Falkenstein 26)
Kinder, welche von ihm alle wohl versorgt wurden, zum Theil auch
Ehrenstellen erlangten. Das Geschäft wurde von einem Sohne gleichen
Namens fortgeführt. Ausser diesen sind noch zu erwähnen: Friedrich
Creussner 1472 —1496, die Fratres vitae communis (1479 — 1491),
Konrad Zeninger (1480—1482), Georg Stuchs (1484—1515) und der
grosse Künstler Albrecht Dürer, welcher für den Druck seiner Werke
sich einer eigenen Presse bedient hat, obwohl er so wenig, wie mancher
Buchhändler jener Zeit, die Buchdruckerkunst selbst gelernt haben mag,
aber es ist begreiflich, dass er es vorzog, seine Holzschnitte unter
seinen Augen drucken zu lassen, sein Künstlerauge konnte den Drucker
beim Zurichten mehr unterstützen und als Druckereibesitzer konnte er
die Schriften nach seinem Geschmack herstellen lassen.
In Italien wurde im Jahre 1470 die Buchdruckerkunst in Foligno
durch Johann Numeister, der sich Clericus Модипіцгиз nennt und für
einen Gehilfen Gutenbergs gehalten wird, zumal er in den Meditationen
des Turrecremata eine der Gutenbergschrift ähnliche Missaltype ver¬
wendete, ferner in Trevia und Verona eingeführt. Nur die letztere
Stadt kann mehrere Buchdruckereien aufweisen.
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