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Venedig. Jenson.
stätte dorthin geschickt wurde.85 Warum Jenson nicht nach Frank¬
reich zurückkehrte, sondern nach Venedig ging, ist unbekannt; die
Franzosen, welche beklagen, dass nicht ein Franzose die Buchdrucker¬
kunst in Frankreich einführte, glauben, dass der Tod Karls VIL,
seines Gönners, Jenson verhindert habe, sich in Paris zu etabliren.
Auch über den Ort, wo Jenson die Buchdruckerkunst lernte, ist man
im Unklaren. Madden, der eine besondere Vorliebe für Köln besitzt,
lässt ihn in Köln die Buchdruckerkunst lernen, aber dafür liegen gar
keine Belege vor, im Gegentheil ist anzunehmen, dass Jenson dorthin
ging, wohin er geschickt wurde, nämlich nach Mainz. Jenson hat dem
Lobe, dass er einer der geschicktesten Graveure der Pariser Münze
wäre, Ehre gemacht, er schnitt die schönste Antiqua seiner Zeit und
schuf eine schöne gothische Schrift in vier Graden, welche sich bald
über alle Länder verbreitete. Die Characteres Veneti reformirten die
Buchdruckerkunst. Jenson associirte sich später mit Johann von Köln,
nach seinem Tode (1482) gelangte seine Druckerei an Andreas Torne-
sanus de Asola , den Schwiegervater des berühmten Aldus Pius
Manutius, der aber meiner Ansicht nach weder Stempelschneider noch
Drucker, sondern ein gelehrter, kunstsinniger und unternehmender
Buchhändler und Autor war, der nur dadurch, dass er auf schöne Typen
und schönen Druck hielt, der berühmteste Buchdrucker seiner Zeit
wurde. Ein anderer Deutscher, Christoph Waldarfer, hielt sich nur
zwei Jahre in Venedig auf und ging dann nach Mailand, länger druckte
Erhard Batdolt (1476—1486) in Venedig, wurde aber dann von dem
Bischof Johann von Werdenberg in seine Vaterstadt zurückberufen, er
hat sich besonders durch die Ausgabe des Euklid mit geometrischen
Holzschnitten und in gothischer Schrift ausgezeichnet; ausserdem
druckte er noch andere mathematische Werke. In dieser Branche
folgte ihm Johann Lucilius Santritter (1480—1489) aus Heilsbronn im
Ansbachischen. Neben diesen Deutschen druckten noch zwei Italiener,
Octavian Scotus (1480 — 1500) und Antonio Strata (1480 —1489),
sowie ein Franzose, Peter Maufer (1480 —1486) in Venedig, der
letztere ging hierauf nach Modena. Ausser diesen druckten noch eine
Menge Deutsche und Italiener in Venedig, welches somit schon im XV.
Jahrhundert zu den bedeutendsten Druckerstädten gehörte. Besonders
Mailand. Augsburg.
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zeichneten sich der oben erwähnte Aldus Manutius (1494—1516) und
Zacharias Calliergus (1499) durch griechische Drucke aus.
Der erste Buchdrucker in Mailand war Filippo de Lavagna
(1469 — 1489), er dürfte jedenfalls mehr Verleger als Drucker gewesen
sein, denn in der kurzen Zeit seit Einführung der Buchdruckerkunst
in Italien kann er die Druckerei nicht erlernt haben, eher ist anzunehmen,
dass er wandernde deutsche Buchdruckergehilfen in Sold nahm und
mit ihnen eine Buchdruckerei errichtete. Einen anderen Buchdrucker
Zaroto, welcher 1471—1497 druckte, haben wir schon oben (S. 88) als
Fachmann kennen gelernt. 1479—1488 druckte der von Venedig zuge¬
wanderte Christoph Waldarfer, 1475--1478 Giovanni Bono, der trotz
seines italienisch klingenden Namens ein Deutscher war. Der berühm¬
teste unter den Mailänder Buchdruckern war Dionysio de Paravisino
1476—1481, der erste, welcher ein ganzes griechisches Buch druckte.
Ausser diesen gab es in Mailand gegen Ende des XV. Jahrhunderts
eine beträchtliche Anzahl Druckhäuser.
Inzwischen hatte sich auch in Deutschland die Buchdruckerkunst
weiter ausgedehnt. 1468 wurde sie von Günther Zainer in Augsburg
eingeführt, der bis 1475 druckte. Zainer war ein strebsamer Buch¬
drucker, 1469 druckte er das Katholikon, welches Gutenberg 1460 zuerst
gedruckt hatte, 1472 den Isidorus mit Antiqualettern, doch ist es
fraglich, ob er desshalb der erste Drucker in Deutschland war, welcher
mit römischen Typen druckte. Von 1470 — 1472 druckte Johann
Schüssler, dessen Druckerei später an das Stift St. Ulrich und Afra
(s. oben S. 87) überging. Wo Zainer und Schüssler die Buchdrucker¬
kunst erlernt haben, wissen wir nicht, von Johann Bämler aber, der
von 1472 — 1492 druckte, wissen wir, dass er 1468 Rubricator bei
Mentel in Strassburg war. Da die meisten seiner in Augsburg ge¬
druckten Werke in deutscher Sprache erschienen, so dürfte er wohl
auch einen grossen Antheil an Mentels deutscher Bibel, welche um
14-66 erschien, gehabt haben. Anton Sorg (14-75—1498) druckte ein
Buch über das Concilium in Constanz mit den Wappen sämmtlicher
Anwesenden in Holzschnitt, das älteste gedruckte Wappenbuch. Ausser
den genannten gibt es noch ein'e Anzahl anderer Drucker, darunter
eine Frau, Anna Piügerin, nebst ihrem Gcmal Thomas Rüger. Erhard
Faulmann, Gesch. d. Buchdruckerkunst. 12