166
Schöffer als Buchhändler. Das Katholikon.
drucker war, jedenfalls hatte Fust dem Herausgeber versprochen, das
Werk schöner als Mentel zu drucken. Bei Fust sind die Rubriken roth,
bei Mentel schwarz und mit grösseren Lettern, Mentel hat die Buch¬
staben, welche die einzelnen Abschnitte bezeichnen, in den Text, Fust
sie als Marginalien an den Rand gedruckt.
Merkwürdig! Eine ganze Wissenschaft harrte zur Zeit der Erfin¬
dung der Buchdruckerkunst einer Vervielfältigung durch die Presse,
aber Füst und Schöffer, von einem niedrigen kurzsichtigen Brodneid
getrieben, schnappten nach den Bissen, die andere zum Munde führten,
sie hatten kein Verständniss für die Schätze, die überall zu tage lagen,
wenn man sie nur heben wollte, es fehlte ihnen die Wünschelruthe,
die Kenntniss der Literatur, um sie zu heben, es fehlte ihnen wohl
auch der Eifer. Mentel druckte wahrscheinlich 1473 mit römischen
Typen das Speculum historíale, während Schöffer noch bis 1480 mit
seinen drei Schriften (denn die neuen Auflagen des Psalters kann man
nicht rechnen, da die Typen desselben zu keinem anderen Werke ver¬
wendet wurden) gleichmüthig fortdruckte, als ob es um ihn her keinen
Fortschritt gebe. Schöffer blieb der Schäfer (lateinisch nennt er sich
opilio), der sein Schäfchen schor.
Im Jahre 1460 erschien zu Mainz Balbis de Janua Summa quae
vocatur Catholicon in zwei Bänden gross Folio, 373 Blätter, zwei¬
spaltig, die Columnen zu 66 Zeilen. Dieses Werk des Genuesers (de
Janua) Johann v. Balbis ist eine Sprachlehre und ein Wörterbuch oder
vielmehr eine Art Gonversationslexikon des Mittelalters. Dass es von
Gutenberg gedruckt sei, schliesst man daraus, dass die Typen später
in das Eigenthum der mit dem Hause Gensfleisch verwandten Brüder
Heinrich und Nikolaus Bechtermünze übergingen, welche übrigens,
nach meiner Ansicht, ebensowenig wie Fust und Mentel ausübende
Buchdrucker waren, sondern nur die Druckerei mitGuTENBEGRs Gehilfen
fortführten. Nach Schaab war Jakob v. Sorgenloch (s. den Stamm¬
baum, Beilage 3) mit Else Bechtermünze verheiratet, auf seinem noch
vorhandenen Grabstein befinden sich die GENSFLEiscHschen und Bech-
TERMüNZESchen Wappen und da Lignamine (s. oben S. 61) von einem
Buchdrucker Jakob Gutenberger spricht, so wäre es nicht unmöglich,
dass Johann Gutenberg seine Druckerei seinem Vetter Jakob überliess,
Das Katholikon.
167
und dass sie von diesem an die Bechtermünze überging. Diese Bech¬
termünze veröffentlichten mit ihrem Namen und mit den Typen des
Katholikon im Jahre 1467 ein deutsch-lateinisches Wörterbuch, von
welchem 1469 eine neue Auflage erschien. Da nun das Katholikon die
Unterschrift dieser Bechtermünze nicht trägt, die erhabene Schluss¬
schrift des Katholikon auch sehr von der nüchternen Schlussschrift der
Bechtermünze absticht, so hat man allgemein das Katholikon Guten¬
berg zugeschrieben, nur Bernard hat sich durch die HuMERYsche
Urkunde von 1468 verleiten lassen, das Katholikon den Bechtermünze
zuzuschreiben, da er von der Ansicht ausging, dass Gutenberg im Jahre
1468 nicht die Typen Humery hinterlassen konnte, mit welchen die
Bechtermünze 1467 und 1469 druckten. War Lignamine recht berichtet
und druckte Jakob Gutenberg 1458 in Mainz, so müsste dieser das
Katholikon gedruckt haben und es dürfte sich bestätigen, dass, wie
Specklin (s. oben S. 72) erzählt, Gutenberg in Folge seiner Arbeiten
erblindet sei. Dessenungeachtet können die Schlussworte des Katho¬
liken, sowie der Anfang und die Lettern dieses Werkes immerhin von
ihm herrühren. Dagegen würden dann mehrere kleinere mit diesen
Typen gedruckte Werke, unter anderem ein Ablassbrief von 1461 mit
Unrecht Gutenberg zugeschrieben, sie können auch von seinen Ver¬
wandten gedruckt sein.
Die Typen dieses Katholikon sind vielfach abfällig beurtheilt
worden, ich muss gestehen, dass sie besser sind, als viele spätere
Drucke, freilich nehmen sich die fetteren aus Kupfermatrizen gegos¬
senen Lettern schöner aus, namentlich wenn das Auge, wie häufig bei
den Bibliographen, von den Initialen geblendet ist. Gutenberg wollte
offenbar kein Prachtwerk, sondern ein billiges nützliches Buch schaffen,
daher finden wir sogar in dem Pergamentexemplar der Wiener Hof¬
bibliothek den einfach buntgemalten Initialbuchstaben, den unsere
Tafel III zeigt. Die Typen selbst haben eine merkbare romanisirende
Form, was aber am meisten auffällt, das ist das Bestreben, alle Ver¬
bindungen des Schreibers in den Typen nachzuahmen. Die Katholikon-
type hat weit mehr Ligaturen als irgend eine Bibel oder irgend ein
ScHÖFFERsches Werk, wir haben es hier offenbar mit einer sorgfältigen
kunstreichen Nachahmung einer Handschrift zu thun und ich habe