Die komplexe Entwicklung des Photosatzes
Die photomechanische
Bildübertragung
Die elektronische
Bildübertragung
ЖП
A- à
Die Mängel der ersten Photosatzgeräte
Die Unter- und Überblendungen
in der Photomechanik
Die «Treppen» der
ersten Kathodenröhren
Die Vektorisierung um
Speicherplatz zu gewinnen
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Über die Lesbarkeit
Zurückgreifend auf die Frage der Lesbarkeit sagte A.F.: Tief
in Dir trägst Du als Summe die schönen Silhouetten der stets
wieder gelesenen Zeichen eingeprägt. Wenn Du Dich an die
Form des Löffels erinnerst, mit welchem Du die Suppe
gegessen hast, dann war es eine schlechte Form. Löffel und
Letter sind Werkzeuge: das eine nimmt Nahrung aus der
Schale, das andere nimmt Nahrung vom Papierblatt. Die
Schrift muss so sein, dass der Leser sie nicht bemerkt. Wenn
sie den richtigen Ausdruck in sich trägt, soll sich der Leser
behaglich fühlen, denn die gute Textschrift ist beides: banal
und schön zugleich.
Aus einem Vortragsbericht
Andrew Blum, 1990
Wir wissen heute, dass Lesen durch Wahrnehmen und
Erkennen funktioniert. Wir wissen auch, dass viele Teil¬
aspekte den Akt des Lesens beeinflussen. Frutiger kennt die
wechselseitigen Beziehungen, die den Wahmehmungspro-
zess steuern. Er hat selbst an ihrer Erforschung mitgewirkt,
und er klammert sie nicht aus, sondern macht sie zur erklär¬
ten Absicht in seinen Überlegungen. Aus der ständigen Kon¬
frontation zwischen Ästhetik und Lesbarkeit erwächst die
Forderung, dass die durch Jahrhunderte manifestierte und
signifikante Grundform bewahrt bleiben muss. Nicht allein
messbare Einheiten, sondern auch optische Phänomene sind
zu berücksichtigen. Untrügliches Formempfinden, analyti¬
sches Denken, technisches Verständnis im scheinbar mühelo¬
sen Umgang mit den neuen Maschinen, Systemen und Tech¬
nologien zeichnen den Designer Adrian Frutiger besonders
aus und befähigen ihn geradezu, moderne, schriftspezi¬
fische Probleme zu lösen.
Mit der Auffassung, keine Teilwerke, Fragmente oder
Unvollendetes zu schaffen, tritt er an die Aufgaben heran.
In seinen Ideen und seinem Willen liegt seit frühester Ju¬
gend der Drang, ein Gesamtkunstwerk zu realisieren.
Details interessieren ihn immer nur, wenn diese sich später
zu einer Geschlossenheit fügen lassen. Er denkt und plant
daher immer In grossen Gestaltungseinheiten mit den not¬
wendigen Ausbaustufen. Beim Entwurf einer neuen Werk¬
schrift beispielsweise wäre es für ihn undenkbar, alle Posi¬
tionen vorher nicht gänzlich abgesteckt und bis ins Detail
berücksichtigt zu haben. Ein Alphabet gestalten heisst, ein
Gesamtwerk bilden, in die Tiefe der Einzelheiten vordrin¬
gen. Der schön gezeichnete Buchstabe allein, so wichtig er
¡st, macht noch keinen Satz. Erst im Wort, in der Zeile, in der
Kolumne, also im Verbund mit anderen Schriftzeichen, wird
die Funktion deutlich, und es zeigt sich, ob die Botschaft
eines Textes mühelos aufgenommen und gelesen werden
kann. Geschieht dies in der richtigen Art und Weise, so lässt
sich das Ergebnis auf die gestellte Bedingung projizieren.
Horst Heiderhoff
1985