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Über die Lesbarkeit
Unter dem Einfluss der verschiedenen Druckverfahren hat
die lateinische Textschrift subtile Formveränderungen
erfahren. Grundsätzlich neue Formen sind jedoch keine
entstanden. Als Demonstration dafür sind acht a in ver¬
schiedenen Schriftstilen mit einem Drehraster versehen
und übereinander kopiert. Das Resultat zeigt eine erstaun¬
liche Übereinstimmung.
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Der Leser hat die klassische Buchstabenform millionenmal in sich aufge¬
nommen. Das Schema der übereinanderlegten a entspricht der Form
einer Matritze, welche der Leser in seinem Unterbewusstsein trägt.
Im Innern des Schemas liegt ein hartes Skelett, das durch den 500jährigen
Umgang mit der Buch- und Zeitungstypografie geschmiedet wurde.
Diese Skelettform ¡st wie ein Schlüsselloch im Erinnerungsbereich des
Lesers eingraviert. Der gelesene Buchstabe ¡st wie ein Schlüssel, der sein
Loch sucht und findet. Wenn die Phantasie des Schriftentwerfers von der
zentralen Grundform abweicht, kommt es zu einer Reibung, einer Frustra¬
tion oder einer Unlesbarkeit.
Die Arbeit des Schriftentwerfers gleicht derjenigen eines Couturiers, welcher
den unveränderten nackten Körper bekleidet.
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