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43. Bâtarde italienne des 16.-18. Jahrhunderts.
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BÂTARDE ITALIENNE
kam, eine schöne und typische cancellaresca unter der Bezeichnung lettre cancelleresque
an, womit er sich unverhüllt zur Abhängigkeit von der italienischen Vorlage bekennt.
Diese Abhängigkeit beweisen auch andere Beispiele italienischer Urkundenschriften
in Hamons Büchlein, das erneut 1580 in Lyon erschien. Darin wird zum Beispiel die
cancellaresca bastarda in Hamons ziemlich freier Replik LETTRE ITALIQUE
RONDE COMMUNE angeführt, die wahrscheinlich die erste Entwicklungsstufe der
französischen geläufigen Kursiv des Renaissancetypus war (Abb. 41). Dieselbe Form
bringt in einer weit getreueren Version auch De la Rue in seinen Pariser Exemplaires
de lettres im Jahre 1569. In Hamons Sammlung fehlt auch Palatinos lettera tagliata
nicht, deren ausgesprochen technisches Holzschnittprinzip Hamon in seiner Schrift
lettre coupée zur Geltung brachte, die aber in der Schriftzeichnung im Vergleich zu
Palatinos auf gleiche Art verzierter Kursiv des gotischen Typus eine reine cancella¬
resca romana ist. Ähnlich findet auch die italienische cancellaresca formata mit ihren
geneigten oberen Serifen der langen Schäfte und die spanische letra bastarda mit den
breiten Serifen der Unterlängen in der Hamonschen Skript lettre pattée, die einen im
übrigen reinen Renaissancetypus aufweist (Abb. 42), ihren Niederschlag. Die cancel¬
laresca romana bildet auch die Grundlage der Schriftzeichnung der kalligraphischen
Spielerei lettre plaisante, in der Hamon humorvoll die Bögen der Ober- und Unterlän¬
gen, die mit fetten Kolben enden, einmal nach rechts und einmal nach links wendet.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wuchs der Einfluß der italienischen
Kanzleischrift unaufhaltsam und machte sich nicht nur durch ihre Nachahmung und
ihren Abglanz auf die französischen gotischen Kursiven geltend, sondern auch durch
die Entstehung einer eigenen französischen nationalen Renaissance-Kursiv des Über¬
gangstypus der Hamonschen Skript lettre italique ronde commune, die in den kalli¬
graphischen Sammelwerken als BÂTARDE ITALIENNE und bâtarde ordinaire oder
häufig überhaupt nur als bâtarde bezeichnet wird. Die Kennzeichnung dieser für die
weitere Entwicklung der Lateinschreibschrift außerordentlich bedeutsamen Skript mit
dem Namen bâtarde, also Bastarda, könnte wiederum zu einer Gleichsetzung mit der
unechten gotischen Buchschrift verleiten, ebenso wie zuvor die erwähnte spanische
Bezeichnung letra bastarda oder die italienische cancellaresca bastarda. In diesem
Fall müssen wir den Ursprung dieses Namens in der französischen Terminologie der
Gotik und Renaissance suchen, die häufig die gleichzeitigen Kursiven aller Art so
bezeichnete. Nichtsdestoweniger ist der Terminus bâtarde italienne auch von der
formalen Seite her zweifellos durch die gerade Entwicklungslinie aus der Bastarda-
variante der italienischen Kanzleischrift berechtigt. Den Bastardacharakter kann man
bei der französischen Kursiv des Renaissancetypus bis zu einem gewissen Grad auch
aus der Vermengung graphischer Elemente der Renaissance und Gotik in einer ein¬
zigen Kursivschrift erklären. Es ging hier allerdings nicht im entferntesten um das
Gleichgewicht der typischen Merkmale beider Schriftstile, denn die bâtarde italienne
erinnert in ihrer ausgereiften Form, in der wir sie am Ende des 16. und zu Beginn des
17. Jahrhunderts kennenlernen, nur entfernt an den gotischen Typus, nämlich nur
mit der fakultativ gotischen Form des Buchstaben d, des runden r und des Schluß-j
im kleinen Alphabet, das sonst mit der italienischen Kanzleischrift beinahe überein¬
stimmt (Abb. 43). Der Hauptunterschied zwischen der bâtarde italienne und ihrem
italienischen Prototyp macht sich im wesentlichen nur in der größeren Rundheit und
Breite des Schriftbildes geltend, was aus graphischer Sicht allerdings im Vergleich zur
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