DIE SCHRIFTEN DER RENAISSANCE-HANDSCHRIFTEN
dondilla gemahnt hier übrigens auch die Zeichnung einer Variante des Buchstabens
h und die Form des runden r. Mit der charakteristischen Beugung der langen Schäfte
und hauptsächlich mit der Zeichnung der Majuskeln ist es dann die cancellaresca
romana, während sich die cancellaresca formata hier durch flache beiderseitige untere
Serifen der Buchstaben p und q verrät. Die letra bastarda selbst wurde nach dem Grad
der Förmlichkeit ihres Duktus in mehrere Modifikationen eingeteilt, unter denen dann
die Grund- und formalste Form die bastarda llana war, die zum Beispiel Francisco Lucas
in seiner herrlichen, teilweise mit negativen Holzschnitten gedruckten Sammlung Arte
de Escrivir anführt; sie erschien 1570 in Madrid in der ersten und bis 1608 in mehreren
weiteren Auflagen, und nach ihr wurde auch unser eben erwähntes Alphabet zusam¬
mengestellt. Dieselben Formen pflegten die spanischen Kalligraphen, die sich in be¬
deutendem Maße ihre Unabhängigkeit vom überwiegenden Einfluß der französischen
Kalligraphie auf das übrige zeitgenössische Europa bewahrten, auch im 17. Jahrhun¬
dert. Ein besonders schönes Beispiel eines spanischen Schreibbüchleins dieser Zeit,
das man hier nicht vergessen darf, ist Primera parte del arte de escrivir todas formas de
letras, das Joseph de Casanova selbst stach und im Jahre 1650 in Madrid herausgab.
Sowohl durch sein Hochformat, als auch mit seiner zurückhaltenden und graphisch
sauberen Ausstattung unterscheidet sich dieses Werk angenehm von der stereotypen
europäischen Kalligraphenmanier. Die Renaissance-Kursiv letra bastarda erhielt sich
beinahe unverändert bis zum Ende des 18. Jahrhunderts im Repertoire der spanischen
und portugiesischen Kalligraphen, wie man sich in den bekanntesten Sammlungen
überzeugen kann, die von Polanco, Andrade (Nova Escola, Lissabon 1722), den be¬
reits genannten Morante und Casanova, Palomares (Arte de escribir, Madrid 1776)
und Servidori (Reflexiones sobre la Arte de escribir, Madrid 1789) herausgegeben
wurden. Besondere Erwähnung verdient Juan de Polanco und seine 1719 in Madrid
erschienene Sammlung Arte nuovo de escrebir, wo die letra bastarda einem ausnahms-
weisen, wenn auch etwas zaghaften und unkonsequenten Versuch einer geometrischen
Konstruktion unterworfen wird.
In Frankreich stieß die italienische Renaissance-Kursiv auf einen ungleich zä¬
heren Widerstand als die Renaissance-Buchschrift, denn die nationale gotische Tradi¬
tion war hier viel tiefer verwurzelt. Während sich die italienischen Druckschriften
in Frankreich rasch akklimatisierten und zu einer spezifisch nationalen französischen
Renaissanceform entwickelten, schrieb man in den französischen Schulen und Kanz¬
leien des 16. Jahrhunderts bekanntlich immer noch mit der einheimischen gotischen
Kursiv, die die Franzosen dieser Zeit auch lange danach für die echte französische
Schrift hielten, lettre françoyse, écriture française.
Die humanistische Kursiv in Frankreich geriet also, obwohl sie hier vereinzelt
schneller Wurzeln schlug, als es aus den verhältnismäßig späten Proben der Kunst der
einheimischen Kalligraphen ersichtlich wird, mit den eingelebten nationalen Schriften
des gotischen Typus, die ihre allgemeine Verbreitung verhinderten, in Konflikt. Nicht
einmal der Reformator Geoffroy Tory ließ in seinem berühmten Buch Champfleury
aus dem Jahre 1529 von der gotischen Tradition ab, soweit es sich um Handschriften¬
schriften handelte. Erst der 'maistre de la plume' P. Hamon führt in seinem Werk mit
dem Titel Alphabet de l'invention des lettres en diverses escritures, der ersten wirkli¬
chen und datierten kalligraphischen Sammlung Frankreichs, die 1561 in Paris heraus-
86
Q^ rel\ ЛіаЦис tonic ¿)і
conmime.
en
Cre
ija<Ûudtm tanrju¿faue Wrestiem^affeymmtjté^ jfayk*
e и^гшаПтшШгШ JOeÍtye2po>
CQcmq premiers 'Z^luwes^l^/iiaJa^MmiHt^yit^etoiôeecloItceS
feamuutmtmt іеС<пѵЛгш^ аиіш-aiiam nkuoitaue Çiùtâcmbwt^
41. P. Hamon, 1561.
LsrcJ droite, batteL^r
'[(mcwfionyje MttrmtamXmpPJLMW .4. l.c.l.e.tJl\i-k. 1-m.n.o. j> p /.s.i\-uxl-%^O- e-ï 42. P. Hamon, 1561. 87
etKaracmns comntevicerené íes hcnotion-du lAswt. Cbüwñffimf, fur
ІеАит le U j rojheiie a (/noe libtiefme honmP, cm Smft^JudeAioi -tn?
аііеш ениСлпотаи?. TeUmetitau-'il ïtefwt hvker, ш'Млт.^иЛ ~
knmtrsШст (сш estoTerúMatm ) went emУшт ímenfeurs¿eí