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26. Humanistische Minuskel des 15. Jahrhunderts.
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HUMANISTISCHE MAJUSKEL
men sie häufiger vor, sind aber manchmal, besonders in Jahreszahlen, merkwürdig
mit römischen Ziffern vermischt. Hinsichtlich ihrer Form haben sie mit der ursprüng¬
lichen arabischen Vorlage nur noch sehr wenig gemeinsam, und es dauerte lange, bis
sie sich in jener Zeichnung stabilisierten, die bis auf unsere Tage überkommen ist. Im
wesentlichen aber haben die handschriftlichen und gedruckten Ziffern der Renais¬
sance das Minuskelprinzip gemeinsam, wonach gewöhnlich die Ziffern 1, 2 und о im
Zwischenraum der mittleren Minuskelhöhe geschrieben werden, die 6 und 8 darüber
hinausragen und die 3, 4, 5, 7 und 9 unter die Fußlinie gezogen werden. Diese Minus¬
kelziffern blieben dann lange Zeit die einzige Form der arabischen Ziffern, und zwar
bis in die Periode des Klassizismus an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, als
die Zeichnung aller Ziffern dem Majuskelsystem angepaßt wurde. Diese Neuheit war
zwar hinsichtlich des Satzes dort günstig, wo man arabische Ziffern mit Versalien in
eine Reihe setzen mußte, dagegen kein Vorteil im gewöhnlichen Minuskelsatz, wo die
Majuskelziffern in sehr unerwünschter Weise die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich
ziehen und Unruhe in die graphische Einheit der Seite bringen. Darum ist es auch
heute besser, den Minuskelziffern der Renaissance immer dann den Vorzug zu geben,
wenn in der Garnitur der gegebenen Druckschrift nicht beide Ziffornformen vor¬
gesehen sind.
Während die littera fere humanistica größtenteils von gotischen Majuskeln begleitet
wurde, ist in den mit der humanistischen Minuskel geschriebenen Handschriften das
zugehörige Majuskelalphabet für die Kapitelüberschriften und zur Hervorhebung von
Eigennamen und Satzanfängen innerhalb des Textes schon ein graphisch und stilistisch
einheitlich konzipierter Bestandteil des unteilbaren Ganzen beider Alphabete. Be¬
zeichnend ist jedoch, daß sich die Humanisten nicht einmal im Falle des begleitenden
großen Alphabets eine altrömische Schrift zum Vorbild nahmen, zum Beispiel die
epigraphische Monumental- oder Dokumentarmajuskel, oder ihre altrömische Buch¬
modifikation, die klassische oder die Quadratkapitale, oder die Unziale, sondern die
vorgotische Schreiberkapitale, so wie sie sie in den schönen Abschriften der lateini¬
schen Klassiker aus der mit dem g. Jahrhundert beginnenden Periode vorfanden.
Darum ist auch das in der lateinischen Paläographie mit dem Namen HUMANIS¬
TISCHE MAJUSKEL (Abb. 27) bezeichnete große Alphabet der humanistischen
Handschriften des 15. und 16. Jahrhunderts eine ausgesprochene Schreiberschrift,
deren charakteristische Zeichnung und manche Abweichungen von der ursprünglichen
epigraphischen Form sich insgesamt aus der Schreibtechnik ergaben. Instrument dieser
Technik war ebenso wie bei der humanistischen Minuskel eine Feder, die zwar nur
wenig, aber doch so stark zugeschnitten war, um bei schräger Haltung den Kontrast
des Strichstärkewechsels zur Geltung zu bringen. Die Verteilung des Schattens nach
der Schrägachse war gewöhnlich sehr konsequent, so daß zum Beispiel die in der epi¬
graphischen Analogie schwachen Schäfte des Buchstabens N in humanistischen Hand¬
schriften manchmal ebenso stark sind wie die übrigen senkrechten Züge. Das gleiche
gilt von den Horizontalen, und demgegenüber ist die Diagonale des Buchstabens Z
dieser Regel entsprechend schwach. Die Diagonale des N und alle übrigen Züge in
dieser Richtung, wie etwa bei den Buchstaben A, K, M, R, V, sind dann natürlich
am stärksten. Interessante Abweichungen gibt es auch bei der Gestaltung der Serifen,
deren epigraphischer Prototyp in den Buchhandschriften sehr schwierig und zeit¬
raubend nachzuahmen wäre. Darum beschränken sich die Serifen in der humanisti-
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