frantiSek muzika
DIE SCHÖNE SCHRIFT II
Der Schriftli tcratur-Katalog der Berliner Staats¬
bibliothek umfaßt zwei Foliobände. Sie fassen
fast die gesamte in den verflossenen 80 Jahren
erschienene Literatur dieses Fachs der graphi¬
schen Künste zusammen. Trotz dieses gewalti¬
gen Reichtums gibt es in der Weltliteratur
keine Publikation, die sich systematisch und
ausführlich mit der zweitausendjährigen Ent¬
wicklung der Latein-Schreib- und Druckschrift
befaßt. Obwohl die Schriftforschung insbeson¬
dere in Deutschland und in den angelsächsi¬
schen Ländern eine ungewöhnlich reiche Tra¬
dition hat, ist ein solches Buch bei uns zustande
gekommen. Die beiden dicken Bände der „Schö¬
nen Schrift", an denen Prof. Muzika zwei Jahr¬
zehnte lang arbeitete, stellen ein bemerkens¬
wertes und in der Weltliteratur einzigartiges
Werk dar, sowohl was den Umfang des ver¬
arbeiteten Stoffs betrifft, als auch durch die
Ergebnisse dieser Verarbeitung für die zeitge¬
nössische Typologie. - Der Verfasser entschul¬
digt sich in der Vorrede, dem Leser eigentlich
eine breite Kompilation verschiedenster Quel¬
len zu präsentieren. Hier können wir ihm nicht
beipflichten. Es ist undenkbar, daß jemand eine
ähnliche Arbeit bewältigen könnte, ohne sich
auf die Ergebnisse der bisherigen Forschung zu
stützen. Prof. Muzika kompiliert jedoch diese
Ansichten anderer Forscher nicht, sondern er
benützt sie als Material, wo ihm die ursprüng¬
lichen Quellen nicht zugänglich sind, er stimmt
oft mit ihnen nicht überein oder ist entgegen¬
gesetzter Meinung als die Wissenschaftler, auf
deren Arbeiten er sich stützt. Die Flut des zu¬
sammengetragenen Materials sieht er auf neue
Weise, und deshalb ordnet, klassifiziert und
gruppiert er es anders, läßt sich nie zur Über¬
nahme einer bereits fertigen Meinung verleiten
und bringt eine neue, ursprüngliche Synthese
hervor. Als Illustration sei hier auf die Be¬
handlung der altrömischen Epoche, der Ge¬
nesis der Italika im 16. Jahrhundert oder der
Schriften des 19. Jahrhunderts hingewiesen.
Diese zufällig gewählten Beispiele sind ein Be¬
weis dafür, wie ursprünglich die Konzeption
des Verfassers ist und wie tief er sich in den
Rhythmus einfühlt, der im Zug der Feder und
im Schnitt des Stichels verborgen ist. Außer
dem Abdruck von einigen hundert zeitgenös¬
sischen Schriftproben stellt das Exzerpieren und
präzise Umzeichnen von hunderten Schrift¬
formen in ganzen Alphabeten auf selbständigen
Tafeln einen weiteren bedeutenden Beitrag dar.
Diese Komponente des Buches ist ein außer¬
ordentlich wertvolles Studienmaterial für jeden,
der sich mit der Schrift befassen will.
R. Murat, Vytvarná ¡nace, Prag ід^в
Frantisek Muzika is a professor of graphic arts
and calligraphy in the Graduate School of
Graphic Arts in Prague, and he has an inde¬
pendent reputation as an art historian and a
creative artist. With these two qualifications
he is well prepared to examine critically the