ABCDEFGHUKLMNOPO
RSTUVWXYZ&ÄERÜ,!?*
abcdefghijklmnopqïstuv
WXyzdénÛ 12345б789о() G.
ABCDEFGHDKLMNOPQ
RSTUVWXYZâAÉkU,!?*
abcdel$hijklmnopqrstuv
VUXyzdéñUl23456789o()0.
340. Jaroslav Benda: Entwurf einer Antiqua und Italika, ідгз;
revidiert ідбо.
522
MODERNE TSCHECHISCHE SCHRIFTKUNST
Die erste Druckschrift überhaupt, die in Böhmen in neuerer Zeit in Schriftguß aus¬
geführt wurde, war die faksimilierte Replik der Schrift der Trojanischen Chronik der Prager
Druckerei Politika, die 1917 mit einer ziemhch primitiven Technik für die Jubiläums¬
ausgabe des ersten tschechischen Druckes aus dem Jahre 1468 angefertigt wurde.
Dieses an sich nicht wenig verdienstvolle Unterfangen können wir natürhch nicht als
wirklichen Beitrag zu einer modernen tschechischen Schriftkunst bezeichnen. Aus dem
gleichen Grund können wir uns hier nicht näher mit den schriftkünstlerischen Impro¬
visationen des Holzschneiders Josef Váchal beschäftigen, der noch 191 о einige biblio¬
phile Blockdrucke herausgab und nach 1926 auch einzelne Lettern von insgesamt neun
gotisierenden Schriften in Blei schnitt, um sie für den Druck seiner weiteren, nicht
minder exklusiven Bücher zu verwenden, die er in einer geringen Zahl von Exemplaren
druckte. Erst anläßhch der internationalen Ausstellung angewandter Kunst von 1925
in Paris, die tschechische typographische Kreise in ihrem zunächst etwas kühnen Ehr¬
geiz mit einem tschechischen Beitrag auf dem Gebiet der typographischen Schriftkunst
zu beschicken beschlossen, bot sich endhch die Möglichkeit der technischen Reali¬
sierung einer originellen tschechischen modernen Schrift. Autor der ersten dieser
Schriften, die unter diesen Umständen entstanden, war Vojtêch Preissig (1873-1944),
von dessen materiell wenig erfolgreicher Tätigkeit vor dem ersten und Märtyrertod
während des zweiten Weltkriegs hier schon die Rede war. Der technischen Ausführung
der definitiven Entwürfe Preissigs aus dem Jahre 1923 ging seine außergewöhnlich
reiche schriftkünstlerische und graphische Tätigkeit voraus. Er war zur Hälfte Typo-
graph, vor allem aber ein vorzüghcher Maler, Zeichner und Entwerfer von Plakaten
und als solcher bestimmt ein besonders fähiger Lehrer am Teacher College of Colum¬
bia University. Schon vor seiner Auswanderung in die Vereinigten Staaten im Jahre
1910 beschäftigte er sich mit der Ausarbeitung einer eigenen Druckschrift, aber erst
in Amerika kam es wenigstens zu einer teilweisen Realisierung seiner Entwürfe, die
allerdings anderen als Buchbedürfnissen angepaßt wurde. Da er in seiner Lehrtätig¬
keit und auch in seinem eigenen graphischen Schaffen vor allem Aufgaben auf dem
Gebiet der Linolschnittplakate zu lösen hatte, wurden die dabei verwendeten zahl¬
reichen Schriften natürhch für diese Technik adaptiert und von ihr in starkem Maße
auch zeichnerisch beeinflußt. Von dieser Art ist z. B. auch Preissigs Plakatschrift von
1912 (Abb. 341), eine ausgesprochen geschnittene Schrift, deren Schnitt aber in einer
sehr freien Übereinstimmung mit jenem der figuralen Bildelemente der Plakate Preis¬
sigs steht. Während man diese Schrift als freie Paraphrase der Egyptienne charakteri¬
sieren kann, ist eine andere Preissigsche Schrift aus den Jahren 1912-1914 eine Antiqua,
die man als erste Etappe seiner Antiqua von 1924 ansehen kann. Der technischen
Reahsierung der endgültigen Entwürfe nahm sich bereits 1923 die Staatsdruckerei in
Prag auf Initiative und mit Unterstützung ihres Direktors Karel Dyrynk an, eines
ergebenen Freundes Preissigs. Über das ernste Bemühen Preissigs, eines Schülers der
morrisschen Lehre, kann freilich kein Zweifel bestehen. Offen bleibt aber die Frage,
ob er bei seiner Schrift, und zwar schon in der ersten Konzeption aus den Jahren
1912-1914, nicht von einer irrigen Voraussetzung ausging. Preissig legte für sich wohl
den Begriff 'Schnitt' einer Druckletter zu eng aus und lehnte die Stichtechnik ab,
die doch seit einer der Periode der Wiegendrucke recht nahen Zeit geläufig war. Die
Preissig-Antiqua aus dem Jahre 1924 (Abb. 342), nach vielen Korrekturen aus den
Galvanos in der definitiven Gestalt im Februar 1925 abgegossen und 1927 auch in
523