DIE LATEINSCHRIFT DER GEGENWART
guter und nüchterner Zeichnung und einer großen Familie formaler Varianten hinzu.
Sehr gut wurde auch die von Wilhelm Pischner gezeichnete nicht weniger nüchterne
Neuzeit-Grotesk der Frankfurter Schriftgießerei D. Stempel aus dem Jahre 1928 auf¬
genommen. Arno Drescher zeichnete gleichfalls zwei Groteskschriften modernen Schnit¬
tes, die Super-Grotesk für die Firma Schriftguß AG und die Fundamental-Grotesk für die
Schriftgießerei L. Wagner, die beide im Jahre 1930 erschienen.
Nur sporadisch begegnen wir in Mitteleuropa anderen modernen Schriften dieses
Schnittes, z. B. den sehr zahlreichen und meist zeichnerisch bemerkenswerten ameri¬
kanischen Groteskschriften. Es ist aber interessant, daß gerade der tüchtigste ameri¬
kanische Schriftkünstler, Frederic W. Goudy, mit Schriften von Groteskschnitt wenig
Glück hatte und daß seine Sans Serif, die er 1930 für die Gesellschaft Lanston Mono¬
type zeichnete, keineswegs als gelungene Schrift dieses Typus angesehen werden kann.
Großen Erfolg hatte dagegen die Grotesk Spartan der Gesellschaft American Type¬
founders, die Sol Hess im Jahre 1937 zeichnete und bis 1947 mit den verschiedensten
Varianten ergänzte. Die Produktion dieser der Futura ähnlichen Schrift für den Maschi¬
nensatz übernahm die Fabrik Mergenthaler Linotype, und unter dem Namen Twen¬
tieth Century werden ihre Matrizen auch von der amerikanischen Fabrik Monotype
hergestellt. Die Gesellschaft American Typefounders hatte außerdem selbst eine große
Auswahl anderer Groteskschriften. Allein M. F. Benton zeichnete für sie eine ganze
Reihe davon, unter die als bekannteste die Schriften Franklin Gothic aus dem Jahre
1903, News Gothic aus dem Jahre 1908, Bank Gothic aus den Jahren 1930-1933 und
Poster Gothic aus dem Jahre 1934 gehören. Dieselbe Gesellschaft verfügt aber auch über
moderne Groteskschriften anderer Autoren, darunter z. B. die Bernhard Gothic, eine
Schrift in mehreren Varianten von Lucian Bernhard aus den Jahren 1929-1931. Unter
den Groteskschriften der Fabrik Mergenthaler Linotype ist auch die 1929 von W. A.
Dwiggins gezeichnete Schrift Metro sehr erfolgreich. Aus der Produktion der Firma
Ludlow sind zwei Groteskschriften stark verbreitet, die R. H. Middleton für dieses
Unternehmen zeichnete, nämlich die Stellar von 1929 und besonders die Tempo von
1930, die nach und nach bis 1954 durch eine ganze Skala vielgestaltiger zeichnerischer
Versionen ergänzt wurden. Eine eigene moderne Grotesk hat seit 1930 die Fabrik
Intertype in der Schrift Vogue, die zeichnerisch der Kabel von Rudolf Koch nahe¬
steht. In England bewährte sich neben der Sans Serif von Eric Gill die anderswo
bisher wenig bekannte Grotesk Granby der Schriftgießerei Stephenson Blake aus dem
Jahre 1930 sehr gut; sie kam ebenfalls in einer sehr zahlreichen Serie heraus. Unter
den übrigen europäischen Groteskschriften seien neben der Semplicità der italienischen
Schriftgießerei Nebiolo aus dem Jahre 1931 noch zwei holländische Groteskschriften
verzeichnet, die Nobel Grotesque der Firma Lettergieterij Amsterdam aus den Jahren
1929-1931 und vor allem die zeichnerisch außergewöhnhch edle Schrift Romulus Sans
Serif mit der Jan van Krimpen für die Schriftgießerei J. Enschedé in letzter Zeit seine
hier an entsprechender Stelle bereits erwähnte Serie der Buch-Antiqua und -Itahka
Romulus aus dem Jahre 1932 ergänzte.
Den größten Teil der angeführten Groteskschriften begleiten auch ornamentale Va¬
rianten, insgesamt jedoch -mit wenigen Ausnahmen - nur in Gestalt schattierter Kon¬
turmodifikationen. Daneben treten sehr häufig andere, größtenteils deutsche orna¬
mentale Groteskschriften aus den Jahren 1920-1939 auf, wie z. B. die Konturschrift
Drescher-Initialen aus dem Jahre 1927, in der Zeichnung A. Dreschers für die Firma
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32д. Gill Sans Shadow. E. Gill; engl. Monotype.
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