DIE LATEINSCHRIFT DER GEGENWART
Cut Caslon, Caslon Old Face Linotype (Abb. 268), Caslon N0 33У Monotype; dazu kommen
zahlreiche weitere Caslonkopien aller übrigen englischen, amerikanischen, deutschen,
französischen u. a. Weltfirmen. Auch eine so brauchbare Schrift wie die Caslon wurde
und wird von fetten und schmalen Modifikationen ergänzt, die notwendigerweise mit
einer viel geringeren Abhängigkeit von der historischen Vorlage konzipiert sind. Eine
sehr getreue Rephk des Originals ist die Caslon der schweizerischen Firma Haas'sche
Schriftgießerei aus dem Jahre 1930, eine Schrift, die E. Thiele nur durch geringe
Abänderung der bisher mit der falschen Bezeichnung 'Caractère du XVIe siècle'
benannten Originalmatrizen herstellte; sie stammen wohl direkt aus der Caslonschen
Schriftgießerei, zu der Wilhelm Haas, der Gründer der Firma, zweifellos Geschäfts¬
beziehungen unterhielt.
Der moderne typographische Historismus erfaßte auch die weitere Entwicklungs¬
epoche der Latein-Druckschrift, die Barock-Antiqua und -Itahka des Übergangstypus.
Schon 1904 erscheint zum Beispiel die französische Schrift Caractères Jaugeon, die Jules
Hénaffe nach dem berühmten Grandjeanschen Ensemble zeichnete. Eine besonders
ansprechende französische Barockschrift dieses Typus ist die Fournier, eine typische
Replik einer der Schriften P. S. Fourniers, die im Jahre 1925 von der englischen
Monotype Co. herausgegeben wurde (Abb. 269). Es ist dies eine sehr zarte und reiz¬
volle, hchte und in den kleineren Schriftgraden maßvoll kondensierte Schrift mit
flachen Serifen der Versalien und am Fuß der Schäfte des kleinen Alphabets, während
die Buchstabenschäfte beim b, d, h, k, l oben mit geneigten Renaissanceserifen ab¬
schließen. Die Modelherung wirkt ebenfalls noch sehr gemäßigt und allmählich. Four¬
niers Stil ist hier auch in der Inkonsequenz der Richtung der Schattenachse sehr gut
getroffen. Während diese Achse bei einigen Lettern schon vertikal verläuft, ist sie bei
anderen noch handschrifthch geneigt, z. B. bei den Versalien O, U und den Minuskeln
c, e. Bemerkenswert sind auch die von Fournier vertikalisierten Schäfte des Versals
M und der von Grandjean übernommene gebogene Schrägfuß des R, ebenso wie die
horizontalen unteren Serifen der Minuskelschäfte b, d, u. Diese schöne und im mo¬
dernen Satz vorzüghch bewährte Schrift kann also als typisch französische Antiqua
und Italika des Übergangstypus des 18. Jahrhunderts bezeichnet werden.
Weitaus häufiger sind die Schriften dieses Typus in der modernen Typographie
durch Repliken englischer zeitgenössischer Modifikationen vertreten, vor allem der
Antiqua und Itahka J. Baskervilles. Obwohl keine dieser modernen Baskervilles eine
ursprüngliche Schrift dieses Meisters ist, drücken sie doch sämthch den Charakter
ihres Vorbildes zufriedenstellend aus. Dessenungeachtet gibt es unter diesen Rephken
gewisse zeichnerische Differenzen, und so stimmen sie auch mit dem Original nicht
immer genau überein. Z. B. die Baskerville Old Face der englischen Schriftgießerei
Stephenson Blake & Co. zeichnet sich durch die weggelassene untere Serife für die
Original-Antiqua und -Itahka Baskervilles so typische Majuskel С aus. Mit der Replik
dieser Schriftgießerei stimmt sodann die Baskerville der Gesellschaft American Type¬
founders in der Zeichnung M. F. Bentons aus dem Jahre 1915 überein. Eine viel
vollkommenere Kopie ist die Baskerville der Firma Monotype aus dem Jahre 1923
(Abb. 270), obwohl ihre Zeichnung in den größeren Schriftgraden nicht scharf genug
ist. In dieser Hinsicht wirkt hingegen der Schnitt der französischen Replik Baskerville
aus der Schriftgießerei Deberny & Peignot in Paris fast übertrieben. Sehr genau und
weit verbreitet ist die Original-Baskerville der Frankfurter Schriftgießerei D. Stempel
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ABCDEFGHIJK
L M N О PQ,R ST U
VWXYZ 1234567
890 & abcdefghijkl
mnopqrstuvwxyz
А В СDE FGHIJ К
L MM 0 P QR S T U
VW Г Z& i 2345 67
8 д о a b с defgh i jк I
mnopqrstuvwxyz
гуо. Baskerville. Engl. Monotype, ідгз.
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