DIE SOG. VERFALLSCHRIFTEN DES XIX. JAHRHUNDERTS
reicher. Bei diesen Schriften fällt eine größere Mannigfaltigkeit in der Gestaltung der
Serifenabspaltungen auf (Abb. 192). Diese konnten entweder völlig gerade und in die
Horizontale oder schräg ausgerichtet sein, aber häufiger waren sie mehr oder weniger
zu Bögen gekrümmt oder schließlich zu Spiralen oder vollen Kreisen gedreht. Bei dem
letzten Beispiel unserer Probe, der Tuscan Ornamented von Vincent Figgins aus dem
Jahre 1845, sind diese Abspaltungen haarfein und zu lyraförmigen Gebilden gebogen.
Gab es eine solche Vielfalt in der Art der Spaltung der Antiqua-Toscanienne, so
war die Art ihrer weiteren ornamentalen Behandlung nicht weniger mannigfaltig. In
den vorangegangenen sieben Proben war eigentlich mit derselben Zahl von Beispielen
die ornamentale flächige Antiqua-Toscanienne vertreten, wenn irgendwelche Schriften
dieser Gruppe überhaupt als nichtornamental bezeichnet werden können. Unter diesen
Beispielen ist besonders die sechste Probe interessant, Figgins' Toscanienne etwa aus
dem Jahre 1846 (Abb. 193) als weitere ornamentierte Schrift in Form balusterartiger
Kegel, die in der Schriftkunst des Barocks und der Renaissance so häufig sind. Es gibt
allerdings eine große Menge auf andere Weise dekorierter und ornamentierter flä¬
chiger Tóscanienneschriften, und darum muß ich mich hier auf eine sehr bescheidene
Aufzählung der verschiedenen Varianten beschränken. Natürlich finden sich darunter
auch mehrere Tóscanienneschriften mit umstochener Kontur, wie sie Thorowgood
bereits im Jahre 1821 besaß, oder eine ganze Reihe in einfacher Form gehaltener
Toscaniennes mit verschieden unterlegtem Hintergrund, aber meist waren diese Schrif¬
ten ornamentiert, wie zum Beispiel die Caslonsche lineare Toscanienne aus dem Jahre
1835 (Abb. I94 A, B). Neben der verhältnismäßig einfachen Zeichnung dieser Schrift
wirken die weiteren Buchstaben der Probe durch die Kombination des Prinzips der
ornamentierten Grundzeichnung mit einfachen oder ebenso ornamentierten Konturer¬
gänzungen viel dekorativer. In derselben Probe, am reichsten dekoriert, sind auf diese
Weise die Buchstaben H und I, die aus einer Toscanienne in Medaus Musterbuch
stammen, wo wir auch einfachere, aber sonst ebenso behandelte Varianten finden
(Abb. 194 C, D), ebenso wie eine weitere (Abb. 194 E, F), die heute im Originalschnitt
aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erneut von der Fonderie Typographique
Française in Paris geliefert wird.
Durch eine noch größere Zahl mannigfaltiger Varianten zeichnet sich die plastische
Antiqua-Toscanienne aus. Sie weist in erster Linie verschiedene Modifikationen der
hchten schattierten Schriften auf, die sonst undekoriert sind, wie zum Beispiel die sehr
schwere Toscanienne in' Medaus Musterbuch (Abb. 195 A-C) ; sie ist außerdem wegen
des geringen Kontrastes und der sich auf die ganze Länge der Schäfte verteilenden
Kehlung bemerkenswert, also wegen zweier Merkmale, die für die frühen Schriften
dieser Gruppe typisch sind. Im selben Musterbuch findet sich aber auch die etwas
schlankere Antiqua-Toscanienne mit sichelförmiger Spaltung und gemäßigter Schat-
tengebung (Abb. 195 D-F). Schwerer ist die enge lichte Antiqua-Toscanienne William
Thorowgoods aus dem Jahre 1842 (Abb. 195 G-I). Sehr beliebt waren in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Tóscanienneschriften mit kreisförmigen Abspaltun¬
gen, wie zum Beispiel die lichte Toscanienne Figgins' von 1836 (Abb. 196 A-F), oder
die ebenso schwere, aber wegen der Applikation der Serifenringe auf den Buchstaben
О bemerkenswerte Thorowgoodsche ältere Schrift von 1825 (Abb. 196 M-P). In Me¬
daus Musterbuch ist dann auch die Toscanienne voll gefärbt, mit Konturen umstochen
und auf kombinierte Weise schattiert (Abb. 196 G-L), ein unter diesen Schriften ver-
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i gì. Antiqua- und Italika-Toscanienne. W. Thorowgood, 1825-1834.
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ідг. Verschiedene Formen der Toscaniennespaltung im ig. Jahrhundert.
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ідЗ. Ornamentale Antiqua-Toscanienne. V. Figgins, um 1846.
ig4. Flächige ornamentierte Antiqua- Toscanienne des ig. Jahrhunderts.
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