DIE SOG. VERFALLSCHRIFTEN DES XIX. JAHRHUNDERTS
anführen (Abb. 178 D). Aus derselben Quelle stammt unsere nächste Probe einer ein¬
fachen ornamentalen flächigen Egyptienne (Abb. 178 E), die mit horizontaler Schraf¬
fierung dekoriert ist. Einen reicheren Dekor der flächigen Egyptienne stellten wir nur
bei den drei M fest, die Thibaudeau in seinem Werk La lettre d'imprimerie abdruckte.
Die zweite dieser schlechten Schriften mit negativem Blumendekor kann man mit
der Egyptienne der englischen Firma Bower & Bacon aus dem Jahre 1830 identifi¬
zieren. Damit endet auch unsere Übersicht der ornamentalen flächigen Egyptienne¬
schriften, denn in den zugänglichen Quellen kann kein anderes Beispiel für eine wert¬
volle Schrift dieser Art mehr festgestellt werden.
Eine ungleich reichere Auswahl verschiedener formaler Variationen beschert uns
die ornamentale plastische Egyptienne, eine Auswahl, die es uns gestattet, aus den einzelnen
ihrer typischen Beispiele ein zwar etwas buntes, aber doch vollständiges Alphabet
zusammenzustellen (Abb. 180). Die einfachste und zweifellos älteste dieser Proben,
die wir dank N. Gray zu einem kleinen Teil genau datieren konnten, ist die Egyp¬
tienne William Thorowgoods aus dem Jahre 1821, die in unserem Alphabet durch den
Buchstaben В vertreten ist. Dieselbe Schrift mit einer linearen Andeutung schwacher
Plastizität unten und an der linken Seite des sehr fetten Schriftbildes hatte in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts auch Medau in Leitmeritz, und dieses ganze Jahrhundert
hindurch besaßen sie in einer großen Zahl von Schriftgraden auch andere, vor allem
amerikanische Schriftgießer. Im Jahre 1825 brachte Thorowgood eine um vieles mas¬
sivere Egyptienne heraus (Abb. 180 A), diesmal aber mit der Andeutung der Plasti¬
zität auf der rechten Seite, und diese Methode behielt auch später das Übergewicht.
Über dieselbe Schrift in sehr großen Graden verfügten auch Medau und die französi¬
schen Schriftgießer, die außerdem eine Variante mit den angedeuteten Kanten eines
plastischen Bildes hatten (Abb. 180 E). In Deutschland und Frankreich wurde auch
eine lichte Variante mit schwerem vollem Schatten hergestellt (Abb. 179, 180 Y)
Diesen schweren Schatten weist auch die Medausche Egyptienne auf, die schräg schraf¬
fiert ist und in unserem Alphabet durch den Buchstaben D repräsentiert wird. Das
F vertritt sodann die deutsche plastische Egyptienne, die mit lichter Kontur um-
stechen und ebenfalls mit einem schweren dunklen Schatten versehen ist. Eine Ana¬
logie dieser Schrift ist das T aus einer englischen Egyptienne mit gekehlten Serifen,
wie sie bis vor kurzer Zeit auch in der tschechischen Akzidenztypographie vorkam.
Die andere Medausche, auch in Frankreich verwendete schwere Egyptienne mit schräg
schraffiertem Schatten wird durch unser G vertreten, während wir in dem J ein Bei¬
spiel für eine derart schattierte französische und deutsche umstochene Egyptienne
haben. Das H vertritt eine Egyptienne gleichen Ursprungs mit einem doppelten,
hchten und horizontal schraffierten Schatten. Ein sehr schönes Beispiel einer schat¬
tierten und sonst nicht dekorierten Egyptienne aus der ersten Hälfte des 19. Jahr¬
hunderts ist eme sehr breite, massive Schrift, die in Leitmeritz bei Medau auch in
recht großen Schriftgraden hergestellt wurde. Ihre schraffierten Schatten sind an den
Seitenflachen lichter und an den unteren Flächen dunkler, wodurch - wie aus dem
I dieser Schrift in unserem Alphabet ersichtlich ist - ein besonders starker Eindruck
von Plastizität erzielt wurde. Das S aus einem Ensemble französischen Ursprungs
dient uns sodann als vereinzeltes Beispiel einer schattierten beschnittenen Egyptienne.
Mit der kuriosen, lichten, vertikal doppelt schattierten Skelett-Egyptienne der engli¬
schen Firma Stephenson Blake & Co. aus dem Jahre 1849 (Abb. 180 O) und der
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